Berlin Bundeswehr-Flieger am Boden

Berlin · Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen strandete mit ihrem großen Airbus in Nigeria. Die Flugbereitschaft ist auf Kante genäht.

Berlin: Bundeswehr-Flieger am Boden
Foto: Kay Nietfeld

Kaum hatte der Bundeswehrverband passend zur aktuellen Mali-Reise von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Zweifel an der "Machbarkeit" der Mission in dem afrikanischen Bürgerkriegsland geäußert, da bekam die CDU-Ministerin auf dem Weg nach Mali ihr eigenes handfestes Erlebnis in Sachen Machbarkeit. Der große weiße Airbus A340 mit dem schwarz-rot-goldenen Dekor und dem Aufdruck "Bundesrepublik Deutschland" blieb in der nigerianischen Hauptstadt Abuja am Boden. Wieder war ein Spitzenpolitiker wegen einer Panne gestrandet.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat schon fast ein Abo auf Ausfälle. In Äthiopien saß er wegen Rauchentwicklung im Cockpit fest, in Litauen hatte eine Scheibe Risse bekommen, beim Abflugversuch nach Afrika platzte in Berlin ein Reifen, und auch von China aus schaffte er es nicht rechtzeitig zum G7-Gipfel in Japan, weil ein Ersatzteil fehlte.

Viele Politiker machen ähnliche Erfahrungen. Auch Kanzlerin Angela Merkel musste schon mal vom Kanzlerflieger A340 kurzfristig in einen Truppentransporter umsteigen oder auf dem Flug nach Brüssel in Hannover ein überhitztes Triebwerk abkühlen lassen. Selbst Bundespräsidenten kamen nicht immer an oder zurück wie geplant. Und oft müssen Regierungsgeschäfte zusammengestrichen werden, weil schlicht alle Flieger unterwegs sind und Delegationen per Linienflug nicht so viel geschafft kriegen. Von den begrenzten Arbeits-, Konferenz- und Telefonier-Möglichkeiten an Bord ganz zu schweigen. Aber ganz offensichtlich sind die Ansprüche der Welt an Deutschland und die Präsenz seiner Minister schneller gewachsen als die Flugbereitschaft, die über Jahrzehnte versuchte, mit möglichst geringem Aufwand sowohl den Truppentransport, die Verwundetenflüge als auch den politisch-parlamentarischen Reisebedarf abzudecken.

Allein von Anfang 2014 bis Ende Mai 2016 buchten die Staatsorgane und Minister rund 2300 Flüge bei der Bundeswehr. Dabei sei der "technische Klarstand der Flugbereitschaft durchaus mit dem renommierter Fluggesellschaften zu vergleichen", unterstreicht ein Sprecher - und unterbreitet dazu eine Statistik.

Danach waren die zwei A319-Jets im vergangenen Jahr zu 92,4 Prozent einsatzbereit, die zwei A340-Maschinen zu 90,5 Prozent und die fünf kleineren Global-5000-Mittelstrecken-Jets zu 88,5 Prozent. Die Werte sehen fürs erste Halbjahr 2016 ähnlich, bei den Airbus-Typen sogar um einige Prozentpunkte besser aus. Freilich: Fünf bis sechs Prozent Ausfälle summieren sich bei 950 Flügen im Jahr auch zu mehr als einer Panne pro Woche.

Bei den großen Airlines, die in getakteten Flugplänen unterwegs sind, lässt sich das leichter auffangen. Es verursacht vor allem keine Schlagzeilen, wenn der Flieger nach Brüssel zwei Stunden später geht. Anders, wenn die Ministerin nicht nach Mali kommt.

Der Bordcomputer hatte einen Defekt gemeldet. Während von der Leyen eine Chartermaschine nutzte, die ohnehin für die innermalischen Flüge vorgesehen war, ließ die Flugbereitschaft das Ersatzteil nach Nigeria bringen, um den Airbus 340 wieder startklar zu kriegen.

Nach Informationen unserer Redaktion gab der Haushaltsausschuss letzte Woche grünes Licht für den Ankauf eines gebrauchten Airbus A321, um der Nachfrage nach Delegationsreisen bis 5000 Kilometer Entfernung Rechnung zu tragen. Die Maschine wird der Lufthansa für 89 Millionen Euro abgekauft und mit weiteren 20 Millionen unter anderem um ein Selbstschutzsystem ergänzt. Gleichwohl steht das neue Flugzeug vermutlich nicht vor 2018 zur Verfügung.

Das bedeutet, dass sich die Truppe weiter nach der Decke strecken muss, zumal der Flugbedarf in Zeiten wichtiger Krisendiplomatie weiter steigen dürfte. Für den Grünen-Haushaltsexperten Tobias Lindner stellt sich somit die Frage, ob schon alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, um auf die "doch schon häufig ausfallenden" Jets der Bundeswehr zu reagieren. "Die Verteidigungsministerin muss das Wartungs- und Instandhaltungskonzept der Flugbereitschaft überprüfen", lautet seine Forderung.

(RP)
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