Berlin Bundestag will Diäten an Löhne koppeln

Berlin · Parteiübergreifende Sympathie für automatische Anpassung der Abgeordneten-Bezüge – aber erst nach den Wahlen

Der Bundestag wird voraussichtlich zu Beginn der nächsten Wahlperiode die Diäten grundsätzlich neu regeln. Nach Informationen unserer Zeitung fand eine Kopplung der Diäten an die künftige Lohnentwicklung in einer internen Runde große Sympathien sowohl bei Regierungs- als auch Oppositionsfraktionen. Das würde auf eine Erhöhung von mehreren Hundert Euro hinauslaufen. Vor den Wahlen wollen die Politiker das Thema aber nicht mehr anpacken.

Erst zu Jahresbeginn waren die Diäten auf 8252 Euro angehoben worden. Sie befinden sich damit auf dem seit Langem angestrebten Niveau von Richtern und Beamten der Besoldungsstufe R6/B6. Doch nach den Tarifsteigerungen ziehen diese zum 1. August schon wieder auf 8725 Euro davon. Die Einkünfte der Abgeordneten bleiben so lange konstant, bis der Bundestag neu beschließt. So hatte es das Bundesverfassungsgericht 1975 festgelegt.

Eine unabhängige Expertenkommission unter Leitung des früheren Justizministers Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) hat für den Bundestag nun das alternative Konzept einer Index-Lösung erarbeitet. Danach sollen die Diäten in einem ersten Schritt auf das aktuelle Niveau der R6/B6-Bezüge angehoben und dann an die jährliche Entwicklung der Bruttomonatsverdienste gekoppelt werden. Die Abgeordneten würden dann im Verhältnis genau so viel mehr oder weniger verdienen wie 89 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland.

In der Rechtsstellungskommission des Ältestenrates fand diese Idee nach Teilnehmerangaben jetzt große Zustimmung quer über die Fraktionsgrenzen hinweg. Allerdings wollte die Runde erst noch weitere Vergleichszahlen zusammenstellen lassen. Die Kommission hatte nämlich angeregt, auch die sonstigen Zuschläge einzuberechnen. Das hätte dann eine neuerliche Diäten-Erhöhung um rund 1000 Euro bedeutet. Die Runde hatte Zweifel, ob das vermittelbar ist. Deshalb kam auch eine "abgespeckte" Anpassung nur an das neue R6/B6-Grundgehalt ins Gespräch.

"Meiner Einschätzung nach werden entscheidungsrelevante Bewertungen erst in der kommenden Wahlperiode vorliegen und umgesetzt werden können", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer. Sein SPD-Kollege Thomas Oppermann sieht Chancen auf eine "einvernehmliche Lösung", hält aber ebenfalls ein Ergebnis noch vor den Wahlen für "eher unwahrscheinlich".

FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen kann sich gut vorstellen, dass der Bundestag künftig zu Beginn jeder Wahlperiode die Diäten an den sogenannten Nominallohnindex bindet. "Das wäre dann jeweils eine eigenständige Entscheidung mit Bindungswirkung für die gesamte Legislaturperiode", erläuterte van Essen. Bei einer allgemeinen Lohnsteigerung von 1,5 bis zwei Prozent bekämen die Abgeordneten dann zwischen 130 und 160 Euro mehr. Sollten die Löhne sinken, sänken auch die Diäten.

Linken-Fraktionsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann hält eine neue Diäten-Erhöhung zwar für "weder erforderlich noch tragbar". Doch schließt auch sie sich grundsätzlich dem Index-Modell an. Gleichzeitig sollten die Abgeordneten in die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme einbezogen werden. Auch die anderen Fraktionen denken an eine Paketlösung. Grünen-Geschäftsführer Volker Beck liebäugelt für die Abgeordneten-Pensionen mit einem "Baukasten-System" aus schon erworbenen Ansprüchen, gesetzlichen Beitragszeiten und zusätzlicher privater Vorsorge bestehen könnte. Die Grünen wollen zudem, dass die Abgeordneten-Bestechung mit geregelt wird.

(may-)
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