Arbeitsvermittlung und Niedriglohnmodelle im Fokus Bundesregierung plant Arbeitsmarktreform

Berlin (rpo). Die Bundesregierung plant noch vor der Wahl weitere Arbeitsmarktreformen. Dabei soll es vor allem um die Vermittlung von Arbeit und um Niedriglohnmodelle gehen sagte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering der "Berliner Morgenpost" (Samstagausgabe).

Angesichts der Krise auf dem Arbeitsmarkt plant die Bundesregierung SPD-Generalsekretär Franz Müntefering zufolge weitere Reformen. "Wir arbeiten im Bereich des Arbeitsmarktes an Verbesserungen", sagte Müntefering der "Berliner Morgenpost". Dabei werde es um die Arbeitsvermittlung und um Niedriglohnmodelle gehen. Der DGB und die Gewerkschaft ver.di forderten die Bundesregierung am Freitag nachdrücklich zum Handeln auf.

Müntefering sagte, die notwendigen Entscheidungen würden noch vor der Bundestagswahl am 22. September getroffen. "Man muss auch prüfen, ob die laufenden Modelle im Niedriglohnsektor sich bundesweit eignen", wird der SPD-Politiker zitiert. Auch Varianten bei den Sozialabgaben und Zuzahlungen für Langzeitarbeitslose spielten eine Rolle. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bleibe für die SPD ein Hauptziel, betonte Müntefering.

"Was wir dringend brauchen, ist eine Förderung von Bau-Projekten, die die öffentliche Infrastruktur verbessern", sagte die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ursula Engelen-Kefer, der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Ver.di-Vizechefin Margret Mönig-Raane sagte der "Berliner Zeitung", nötig seien wirkliche Zukunftsinvestitionen. Die Arbeitsmarktpolitik könne trotz einiger guter Ansätze nicht "der Ausfallbürge sein für eine falsche oder widersprüchliche Wirtschafts- und Finanzpolitik".

Nach Schätzungen von Arbeitsmarktexperten könnte die Arbeitslosigkeit im Dezember um bis zu 200.000 und damit auf knapp vier Millionen gestiegen sein. Im November waren 3.788.900 Menschen ohne Job. Einige Experten schließen sogar nicht aus, dass die Arbeitslosenzahl bereits die Marke von vier Millionen überschritten hat. "Die Welt" berichtete dagegen unter Berufung auf interne Berechnungen der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit von einem Anstieg auf 3,97 Millionen. Die Bundesanstalt wird die offiziellen Zahlen Mitte kommender Woche bekannt geben.

Braun für Öffnungsklauseln

DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun forderte erneut eine Nullrunde. Höhere Löhne und Gehälter trieben die Kosten der Unternehmen weiter in die Höhe und führten unweigerlich zu noch mehr Arbeitslosigkeit, sagte der Präsident des Industrie- und Handelskammertages der "Süddeutschen Zeitung". Braun plädierte stattdessen für Öffnungsklauseln in den Tarifverträgen, um je nach Ertragslage Abschlags- oder Nachschlagszahlungen zu ermöglichen.

Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt betonte, überzogene Gehaltsforderungen schadeten der Arbeitsplatzentwicklung. Gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten müssten sich Tarifabschlüsse an der Produktivität orientieren. "Die Forderungen der IG Metall stammen aus dem Wolkenkuckucksheim", sagte Hundt der Kölner Zeitung "Express". Richtungweisend seien die moderaten Abschlusse der Tarifrunde 2000, mit deren Hilfe rund 600.000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden seien.

Der Bundesregierung warf der Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände mangelnden Reformwillen vor. "Die Verkrustungen und Fehlanreize auf dem Arbeitsmarkt sind für die aktuelle Entwicklung mitverantwortlich", wird Hundt zitiert.

(RPO Archiv)
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