Berlin Bürgerdialog – Merkel zieht eine erste Bilanz

Berlin · Für die Physikerin Angela Merkel war der "Deutschland-Dialog" immer schon ein politisches Experiment. Im Sommer 2011 hatte Merkel die Idee, jenseits ihres von Krisen geprägten Regierungsalltags ein Forum zu entwickeln, in dem sie mit Bürgern, Wissenschaftlern und Praktikern über die Zukunft des Landes diskutieren könnte. Möglichst breit in der Form, möglichst zielorientiert in der Sache.

Die Fragen "Wie wollen wir zusammenleben?", "Wovon wollen wir leben?" und "Wie wollen wir lernen?" sollten als Leitfragen die Gespräche strukturieren. 123 Experten wurden ausgewählt, in fachübergreifenden Arbeitsgruppen über die Zukunft des Landes zu beraten.

Fast 30 Stunden nahm Merkel trotz Krisenpolitik und Koalitionsalltag persönlich an den Sitzungen teil. Parallel dazu konnten Bürger über eine zentrale Internet-Plattform ihre Ideen und Anregungen zu den Themen hinterlassen. Dreimal tauschte sich die Kanzlerin in öffentlichen Veranstaltungen direkt mit Bürgern aus. Ein bisher einmaliges Politikexperiment.

Gestern legte die Kanzlerin eine Zwischenbilanz vor. In dem Buch "Dialog über Deutschlands Zukunft" zeichnet der Journalist Christoph Schlegel den Diskussionsprozess zwischen Regierenden und Regierten nach, schildert anschaulich, wie Praktiker auf Wissenschaftler und Politiker treffen. Die interdisziplinären Teams, das Denken jenseits der eigenen Fachrichtung, waren der Naturwissenschaftlerin Merkel besonders wichtig.

Die Regierungschefin will mit der Initiative zeigen, dass das Kanzleramt nicht nur Krisenreaktionszentrum, sondern auch strategische Ideenschmiede sein kann. Die ehrenamtlich arbeitenden Experten hoffen, dass aus ihren Ideen konkrete Politik wird. Am 28. August wollen sie der Regierung ihre Empfehlungen präsentieren. Ob die Kanzlerin Reformen angesichts der fehlenden Mehrheit im Bundesrat umsetzen kann, bleibt indes offen.

Angela Merkel (Hg.), Dialog über Deutschlands Zukunft, 19,90 Euro

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort