Jagoda rät zu moderaten Tarifabschlüssen Bündnis für Arbeit tagt ohne Tagesordnung

Berlin (rpo). Die Teilnehmer des Bündnisses für Arbeit können sich für die geplante Gesprächsrunde auf kein gemeinsames Themenpaket einigen. Der Vorsitzende der Grünen, Fritz Kuhn, stellte das Bündnis sogar insgesamt in Frage.

Bundesregierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften wollen trotz Streits über die Themen des Bündnisses für Arbeit nun doch noch in diesem Monat zusammenkommen. Das Steuerungskomitee des Bündnisses unter Leitung von Frank-Walter Steinmeier verständigte sich am Abend nach einigem Ringen auf den 25. Januar, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Allerdings habe man sich nicht auf eine feste Tagesordnung verständigen können, hieß es. Hauptstreitpunkt bleibe die Tarifpolitik, deren Einbeziehung in die Diskussion von den Gewerkschaften abgelehnt wird.

Damit bleibt es eine spannende Frage, ob sich die Teilnehmer des Bündnisses unter Leitung von Bundeskanzler Gerhard Schröder auf ein gemeinsames Kommunique verständigen können. Die Spitzenvertreter der Wirtschaft bestehen angesichts der Konjunkturflaute darauf, die Auswirkungen wenigstens abstrakter Lohnabschlüsse für dieses Jahr auf die Gesamtwirtschaft zu diskutieren. Über konkrete Tarifverträge soll nicht gesprochen werden. Die IG Metall verlangt bis zu sieben Prozent höhere Löhne. Die IG Bauen-Agrar-Umwelt deutete eine "harte" Verhandlungsrunde an und will ihre konkrete Forderung an diesem Donnerstag benennen.

Der Vereinbarung im Steuerungsgremium war ein heftiges Ringen vorausgegangen. Die achte Bündnisrunde war vor Weihnachten zunächst geplatzt, weil die Gewerkschaften vor dem Hintergrund tarifpolitischer Klärungsprozesse eine Verschiebung auf Ende Januar verlangt hatten. Außerdem hatte Schröder keine Aussichten auf einen auch nur gemäßigten Erfolg einer Bündnisrunde mit den zerstrittenen Gewerkschaften und Arbeitgebern gesehen.

Während die Wirtschaft ihr Interesse bekundete, im Bündnis über moderate und längerfristige Lohnvereinbarungen zu reden, wollten die Gewerkschaften das Thema ausgeklammert wissen. Sie verlangen den beschäftigungswirksamen Abbau der zugesagten Überstunden. Industriepräsident Michael Rogowski forderte im Norddeutschen Rundfunk, am Bündnistisch wenigstens miteinander darüber zu beraten, "nach welchen Grundsätzen die Tarifpolitik ablaufen soll". Wichtiger Punkt für die Wirtschaft ist außerdem die Flexibilisierung künftiger Tarifverträge zu Gunsten betrieblicher Zusatzvereinbarungen.

Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye betonte mit Blick auf das achte Spitzentreffen, die Lohnpolitik sei Sache der Tarifparteien. "Ich denke aber, dass zur Tarifpolitik auch die Kenntnisnahme von wirtschaftlichen Rahmendaten gehört, und dass das in diesem Zusammenhang in einem größeren Kontext eine Rolle spielen könnte." Er ließ damit durchblicken, dass auch die Bundesregierung angesichts von Konjunkturflaute und Jobkrise an moderaten Tarifabschlüssen interessiert ist.

Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, warnte vor zu hohen Abschlüssen. "Die Produktivität kann nicht voll in Lohnsteigerungen fließen. Wir brauchen ein Stück davon für Investitionen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag). Er wandte sich damit gegen Gewerkschaftsforderungen, den Produktivitätsfortschritt voll für Lohnsteigerungen auszunutzen. Die Abschlüsse der vergangenen Jahre nannte er "beschäftigungsfördernd".

Der Grünen-Vorsitzende Fritz Kuhn äußerte Zweifel am Sinn des Bündnisses. "Wenn die einen nicht über Tarifpolitik reden wollen und die anderen nicht über Mitbestimmung, ist nicht viel zu erwarten", sagte Kuhn der Wochenzeitung "Die Zeit". Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer warf den Unternehmen erneut vor, ihr Versprechen eines Überstundenabbaus nicht gehalten zu haben. Selbst wenn die Zahl der Überstunden - wie zuletzt gemeldet - von 1,9 auf 1,735 Milliarden gesunken sein sollte, dann bedeute das "keine Veränderung der Situation"

(RPO Archiv)
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