Futter am wahrscheinlichsten BSE: Mögliche Infektionswege

Hamburg (dpa). Als wahrscheinlichster Übertragungsweg des Rinderwahn-Erregers auf ein Tier gilt nach wie vor das Futter. Dabei könnten außer dem für ältere Tiere üblichen Kraftfutter auch Ersatzmilchprodukte für junge Kälber möglicherweise BSE-Erreger enthalten, sagte Walter Schulz-Schaeffer vom Zentrum für Neuropathologie der Universität Göttingen.

„Tierfett infizierter Rinder kann theoretisch in der Ersatzmilch landen.“ Damit sei schon früh bei der Kälberaufzucht eine Infektion denkbar.

Als zweiter Weg könne eine infizierte Kuh BSE auf das Kalb übertragen. Möglich sei der Transfer durch Blut, den Mutterkuchen aber auch bei der Geburt. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein infiziertes Tier die Krankheit auf das Ungeborene überträgt, liegt aber deutlich unter zehn Prozent.“

Alle anderen Infektionsquellen sind laut Schulz-Schaeffer zwar sehr unwahrscheinlich, aber denkbar: Eine Infektion von gesunden Rindern durch Ausscheidungen von kranken Tieren auf der Weide sei bislang nicht nachgewiesen worden. Ausscheidungen BSE-erkrankter Tiere gelten laut Weltgesundheitsorganisation WHO nicht als infektiös. Theoretisch könne auch das Ausbringen von Kadaver-Material BSE-kranker Tiere in den Boden zur Verbreitung des Erregers führen. Der BSE-verwandte Scrapie-Erreger von Schafen könne im Boden mehrere Jahre überdauern. Praktisch sei es jedoch unüblich, Kadaver zur Weidedüngung zu verwenden.

„Eine spontane Entwicklung von BSE ist nicht undenkbar, aber auch noch nicht wirklich nachgewiesen“, so Schulz-Schaeffer. „Man würde sie auch eher bei relativ alten Tieren erwarten.“ Der Erreger - krankhaft veränderte Prionen - müsste sich auf das Gehirn beschränken. Bei der seit langem bekannten menschlichen Creutzfeldt- Jakob-Krankheit (CJD) entwickelten sich 90 Prozent aller Krankheiten spontan, allerdings überwiegend erst im höheren Alter. In unter zehn Prozent der Fälle gehe dies mit einer Mutation des Prion-Proteins einher. Diese Gehirn-Proteine sind bei Mensch und Tier ähnlich. Sie können im krankhaften Zustand je nach Herkunft und Wirt BSE bei Rindern, Scrapie bei Schafen oder CJD beim Menschen auslösen.

Eine Übertragung von Tier zu Tier hält Schulz-Schaeffer ebenfalls für äußerst unwahrscheinlich. Dies könne nur bei operativen Eingriffen geschehen, die beim Rind unüblich seien. Eine CJD- Übertragung von Mensch zu Mensch sei weltweit bei etwa 150 Fällen nachgewiesen. Die Menschen hatten Hirnhäute, Hormone der Hirnanhangdrüse Hypophyse oder Augen-Hornhaut erhalten. Heute sei die Gefahr bekannt und werde umgangen.

(RPO Archiv)
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