Berlin Briten setzten Gipfelbeschlüsse am fleißigsten um

Berlin · Die spannende Frage, was die Treffen der Staats- und Regierungschefs aus den wichtigsten Industrieländern tatsächlich bewirken, können Wissenschaftler präzise beantworten: 0,49. Jahr für Jahr identifiziert die G 8-Forschungsgruppe an der Universität von Toronto aus den Gipfel-Verabredungen die rund zwei Dutzend wichtigsten und schaut dann, ob die einzelnen Staaten das jeweilige Versprechen umsetzen.

Haben sie alles erfüllt, bekommen sie eine "+1", haben sie Teile geschafft oder sind sie noch dabei, gibt es eine "0", scheiterten sie oder taten gar das Gegenteil, steht dahinter eine "-1". Der Durchschnitt von 0,49 hinter allen 425 wichtigen Gipfel-Beschlüssen von 1985 bis 2013 weist also grundsätzlich ins Positive.

Auf dieser Bestenliste aus drei Jahrzehnten liegen die Briten mit 0,66 vorne, die Russen mit 0,24 hinten. Deutschland rangiert mit 0,55 auf dem vierten Platz hinter Kanada (0,64) und den USA (0,59) und vor Japan (0,45) und Italien (0,25).

Das klingt alles sehr konkret messbar - ist es aber nicht. So war eines der Top-Themen beim Gipfel in Heiligendamm vor acht Jahren der Stopp des Klimawandels. Deutschland arbeitete hart dafür, dass sich die wichtigsten Industrieländer noch mehr anstrengen. Und tatsächlich verzeichneten die Wissenschaftler bei allen Staaten eine "+1" für "völlig erfüllt" - nur: die G 8-Staaten haben sich alle lediglich ehrgeizigere Ziele gesetzt. Die tatsächliche Einsparung von Klimakillergasen ist damit nicht erfasst.

Immerhin tut sich etwas. Das lässt sich daran ablesen, dass der abschließende Prüfbericht über den Vorgängergipfel jeweils unmittelbar vor dem nächsten stets deutlich besser ausfällt als der Zwischenbericht ein halbes Jahr davor.

An der genauen Kontrolle der vielen Absichtserklärungen scheitern auch die Wissenschaftler. So registrierten sie in Heiligendamm 329 Verabredungen. Jede davon wird unterschiedlich umgesetzt. Bei der Stabilisierung der afrikanischen Finanzmärkte etwa bekamen vier Länder eine "+1" für gute Umsetzung und vier eine "-1". Der durchschnittliche Fortschritt: Null. Schuldenerlasse für Dritte-Welt-Länder, wie in den 80er Jahren schon beschlossen, kamen nicht vollständig zustande, halfen aber im Einzelfall. Die 1999 in Köln beschlossene Befriedung des Kosovo war formal bald erreicht, konfliktfrei ist die Region dagegen immer noch nicht.

(may-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort