Düsseldorf Bosbach und Lucke widersprechen Merkels Islam-Einordnung

Düsseldorf · Am Anfang stand der umstrittene Satz des damaligen Bundespräsidenten und und Christdemokraten Christian Wulff. Er sagte am 3. Oktober 2010: "Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland . . . Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland." Wulffs Nachfolger im Amt des Staatsoberhaupts, Joachim Gauck, hatte sich umgehend von der Aussage seines Vorgängers abgesetzt, indem er 2012 unterstrich: "Nicht der Islam gehört zu Deutschland und ist Teil unserer abendländischen Kultur; aber die Muslime, die hier leben, gehören dazu."

Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel machte bereits frühzeitig klar, dass sie in der Islam-Einschätzung näher bei dem 2012 zurückgetretenen Wulff steht. Hier Merkels zunächst umständliche Wortwahl vom September 2012: "Zu sagen, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, finde ich, ist sicherlich falsch." Klipp und klar dann ihre nachgeschobene Antwort auf die Frage, "ob der Islam ein Teil von uns" sei: "Ich finde: ja." Unmissverständlich bezog Merkel ("Dieser Meinung bin ich auch") jetzt mit mehrjähriger Verspätung Stellung zu dem Wulff-Satz "Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland." Neben der Kanzlerin stand am Montag der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu.

Der rheinisch-bergische CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach sprach gestern für alle jene neben Gauck, denen Wulffs und Merkels Diktum zu verallgemeinend erscheint: Bosbach meinte gegenüber der "Saarbrücker Zeitung", er teile die Auffassung, dass der Islam zu Deutschland gehöre, in dieser Pauschalität nicht. Bosbach fragte: "Welcher Islam ist gemeint? Gilt das auch für seine islamistischen und salafistischen Strömungen?" Und weiter: "Auch die Scharia gehört ganz gewiss nicht zu Deutschland." Deutschland habe eine christlich-jüdische, keine islamisch geprägte kulturelle Tradition.

Der Münchner Historiker Michael Wolffsohn ermahnte gestern die Politik dazu, sich vor dem Hintergrund der Terroranschläge in Paris vor Verallgemeinerungen zu hüten. Das gelte in Bezug auf "den Islam", "die Muslime", "die Deutschen" oder "die Juden" sowie "weiteren Unsinn dieser Art". Wolffsohn rief die islamischen Religionsführer dazu auf, einen Bann über Fundamentalisten verhängen: Denn es zählten jetzt Taten und nicht bloß Worte. Der Vorsitzende der AfD, Bernd Lucke, kritisierte Merkel mit dem Satz: "Wenn man ehrlich ist, muss man zumindest sagen: Der Islam ist Deutschland fremd."

(RP)
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