Bombenexplosion in Istanbul – Kurden unter Verdacht

Istanbul Nach einer Phase der relativen Ruhe im Kurdenkonflikt steht die Türkei möglicherweise vor einer neuen Welle der Gewalt. Bei einem Bombenanschlag auf einen Polizeibus in Istanbul sind 15 Beamte und ein Passant verletzt worden. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan deutete an, dass er die kurdische Rebellengruppe PKK hinter der Gewalttat sieht. Experten erwarten ohnehin, dass die durch den Winter bedingte Kampfpause im Kurdenkonflikt bald zu Ende gehen wird – Beobachter erwarten im nahen Frühling ein erneutes Aufflammen der Kämpfe. Umstritten ist bei Regierung und Sicherheitsbehörden offenbar noch, ob der türkische Staat seine im vergangenen Jahr abgebrochenen Geheimgespräche mit der PKK wieder aufnehmen soll.

Die an einem geparkten Motorrad befestigte Bombe in Istanbul bestand nach Behördenangaben aus Plastiksprengstoff und wurde per Fernsteuerung gezündet, als der Bus mit 21 Bereitschaftspolizisten auf einer zur Innenstadt der Millionen-Metropole führenden Schnellstraße vorüberfuhr. Der Tatort liegt in der Nähe des Istanbuler Hauptquartiers von Erdogans Regierungspartei AKP.

Niemand bekannte sich zu dem Anschlag; auch wollte Gouverneur Hüseyin Mutlu nicht offen von einer Verbindung zur PKK sprechen. Doch die Kurden-Rebellen benutzen häufig Plastiksprengstoff, den sie per Handy zur Explosion bringen. Die "Freiheitsfalken", eine Untergruppe der PKK, hatten so mehrmals Anschläge auf Sicherheitsbehörden in Istanbul verübt. Erdogan sagte, seine Regierung werde "den Terror weiter entschlossen bekämpfen". Die Wortwahl lässt vermuten, dass der Premier die PKK hinter dem Anschlag vermutet.

Derzeit ist unklar, welche Position der türkische Staat gegenüber dem Kurden-Problem einnehmen wird. Auf Weisung des Ministerpräsidenten hatten sich führende Vertreter des Geheimdienstes MIT in den vergangenen Jahren in Oslo mit Unterhändlern der PKK getroffen, um Wege zur Beendigung des Konflikts auszuloten. In den Kämpfen zwischen türkischen Sicherheitskräften und Rebellen sind seit 1984 mehrere Zehntausend Menschen gestorben; Erdogan hat es sich zum Ziel gesetzt, in seiner Regierungszeit die Gefechte zu beenden. Die im Staatsapparat umstrittenen Geheimgespräche waren im vergangenen Jahr aber ergebnislos abgebrochen worden.

(RP)
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