SPD schlägt überparteilisches Gremium vor Besteht Wulff auf Privilegien?

Berlin · Die SPD schlägt zur künftigen Gestaltung der Bezüge für ehemalige Bundespräsidenten ein überparteiliches Gremium unter Leitung von Bundestagspräsident Lammert vor. Offenbar wünscht Wulff auch die übliche Ausstattung mit Büro, Mitarbeitern, Auto und Chauffeur.

Die SPD will beim Ehrensold für ehemalige Bundespräsidenten mit Hilfe eines Sondergremiums zügig zu gesetzlichen Neuregelungen kommen. "Ich schlage dazu eine überparteiliche Reformkommission unter Leitung des Bundestagspräsidenten vor", sagte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil unserer Zeitung. Nach Vorstellung von Heil sollte die Höhe des Ehrensolds genauso überprüft werden wie die Frage, ab welchem Lebensalter Ehrensold künftig gezahlt wird. "Es muss auch geklärt werden, unter welchen Bedingungen die Zuwendungen bei unehrenhaftem Verhalten gekürzt oder gestrichen werden", betonte Heil.

"Jung-Pensionäre soll es nach künftigem Recht nicht mehr geben"

Zuvor hatte sich CDU-Vize Volker Bouffier bereits dafür ausgesprochen, künftig zwischen Amtsbezügen und Ruhegehalt zu unterscheiden. "Jung-Pensionäre à la Christian Wulff soll es nach künftigem Recht nicht mehr geben", unterstrich auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann.

Die Politiker reagierten damit auf die weiter anhaltende Debatte über den Umgang mit Wulff nach seinem Ausscheiden aus dem höchsten Staatsamt. Dabei zeichnete sich ab, dass auf der einen Seite der Wulff zustehende Ehrensold von 199 000 Euro im Jahr selbst bei einer Verurteilung Wulffs wegen Korruption auch von der Opposition nicht in Frage gestellt wird. Andererseits zweifeln immer mehr Politiker, ob Wulff, wie seine ausgeschiedenen Vorgänger, auch ein Apparat mit Büro, Mitarbeitern, Dienstwagen und Chauffeur für zusammen noch einmal rund 280 000 Euro vom Staat finanziert bekommen soll.

Nach Informationen des "Spiegel" beabsichtigt das Präsidialamt, für Wulff ein solches Büro zu beantragen. Wulff wünsche die gleiche Behandlung wie die vier anderen noch lebenden ehemaligen Staatsoberhäupter. Über eine derartige Ausstattung verfügt Walter Scheel seit 32 Jahren, Richard von Weizsäcker seit 16 Jahren, Roman Herzog seit zwölf Jahren und Horst Köhler seit knapp zwei Jahren. Ob Köhler daneben auch noch seinen Anspruch auf Ehrensold in Höhe von 199 000 Euro wahrnimmt, blieb am Wochenende offen.

Es gab Hinweise darauf, dass Köhler auf diese persönliche Zahlung verzichtet. Laut Gesetz werden ohnehin Zahlungen aus anderen öffentlichen Kassen mit dem Anspruch auf Ehrensold verrechnet. Köhler war vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten unter anderem Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Chef der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Direktor des Internationalen Währungsfonds. Allerdings wurde der Mittelansatz für ehemalige Bundespräsidenten im Einzelplan 01 nach dem Rücktritt Köhlers um exakt 199 000 Euro erhöht. Die im Jahr 2010 für den Haushaltsplan des Jahres 2011 vorgenommene Änderung wurde auch im darauf folgenden Haushaltsplan für das laufende Jahr 2012 nicht zurückgenommen.

Für Wulff haben sich die Versorgungsansprüche aus seiner aktiven Zeit als Politiker in Niedersachsen auf rund 60 000 Euro summiert. Auf diese hätte er einen Anspruch mit Vollendung seines 60. Lebensjahres, also in knapp acht Jahren. Wie die Staatskanzlei und der Landtag in Hannover berechneten, stehen Wulff für seine sieben Jahre als Regierungschef monatlich rund 4500 Euro zu. Hinzu kommen noch einmal rund 400 Euro für die neun Jahre als Landtagsabgeordneter. Das Geld wird aber nicht zusätzlich an ihn ausgezahlt, sondern verringert den aus der Bundeskasse zu tragenden Ehrensold um 60 000 auf dann 139 000 Euro. Nach den Durchsuchungen der Privatwohnungen des Filmunternehmers David Groenewold in Berlin und des Ex-Bundespräsidenten Wulff in Großburgwedel am Freitag rechnet die Staatsanwaltschaft nicht mit schnellen Erkenntnissen. Es sei vor allem darum gegangen, die Kommunikation zwischen Groenewold und Wulff nachzuvollziehen. Aus diesem Grund seien im Hause Wulff Kopien von Handy- und Computerdaten angefertigt worden.

Die Durchsuchung lief in Absprache mit den Betroffenen und fand daher auch ohne förmlichen Durchsuchungsbeschluss statt. Die Justiz ermittelt gegen Wulff und Groenewold wegen des Verdachtes von Vorteilsgewährung und Vorteilsnahme. Wulffs Landesregierung gewährte Groenewolds Firma eine Bürgschaft in Millionenhöhe. Groenewold finanzierte danach ein Handy und mehrere Urlaube für Wulff. Die anteiligen Kosten will Wulff nachträglich in bar an Groenewold zurückerstattet haben. Kontobewegungen dazu existieren offenbar nicht. Das Geld stamme von seiner Schwiegermutter, erklärte Wulff.

Internet Die Liste der Vorwürfe gegen Wulff: www.rp-online.de/politik

(RP/jh-)
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