Bahn will schlecht ausgelastete Züge durch Busse ersetzen Bessere Abstimmung der Verbindungen geplant

Berlin (dpa). Die Deutsche Bahn will schlecht ausgelastete Zugverbindungen durch Busse ersetzen und mit besser abgestimmten Angeboten im Nah- und Fernverkehr mehr Kunden gewinnen. Das geht aus einem am Montag bekannt gewordenen Schreiben des neuen Bahnchefs Hartmut Mehdorn an die Mitarbeiter hervor. Darin stellte Mehdorn zugleich klar, dass die Bahn keine Strecken aufgeben wolle.

In den kommenden fünf Jahren will Mehdorn etwa sieben Prozent der Zugkilometerleistungen durch Busse zu ersetzen. Gleichzeitig sollen mit einem optimal abgestimmten Angebot allein im schienengebundenen Personennah- und -Fernverkehr zehn Prozent mehr Fahrgäste befördert werden. „Ziel ist es, mit einem vernünftigen Angebot die Attraktivität der Bahn zu steigern und mehr Kunden zu gewinnen“, heißt es in dem der dpa vorliegenden Schreiben.

Künftig sollen die Angebote im Fern- und Nahverkehr zu einem „einheitlichen und leistungsfähigen Gesamtangebot“ zusammengeführt werden. „Dort, wo nur sehr wenige Menschen die Züge nutzen, kann ein angemessenes Angebot auch durch marktgerechte Buslinien aufrechterhalten werden“, schreibt Mehdorn. Der „Bild“-Zeitung hatte Mehdorn zuvor gesagt: „Man muss doch abends um 11.00 Uhr nicht mit einem großen Zug jede Menge warme Luft in die letzte Ecke Deutschlands fahren. Ab 10.00 Uhr abends setzen wir da halt für die wenigen Fahrgäste einen Bus ein. Wichtig ist: Wir stellen nichts ein.“

Die Deutsche Bahn habe die Effizienz ihrer Züge und deren Nutzungsgrad überprüft und daraus Maßnahmen zur besseren Auslastung abgeleitet, heißt es in dem Schreiben. Die neue Strategie im Personenverkehr werde im Interesse der Verbraucher und Steuerzahler die Wirtschaftlichkeit des Bahnverkehrs langfristig sichern. In den kommenden Monaten werde die Bahn AG mit den Großkunden im Nahverkehr, den Ländern und Verkehrsverbünden, über eine wirtschaftlichere Gestaltung und ein attraktives Gesamtangebot sprechen. Die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED) erklärte auf Anfrage, sie setze darauf, dass das Angebot erweitert und nicht gekürzt werde.

Erst kürzlich waren offiziell nicht bestätigte Pläne bekannt geworden, wonach Mehdorn rund 40 Millionen Zugkilometer und damit mehr als 20 Prozent des Zugangebotes im Fernverkehr streichen und teilweise durch verbesserte Angebote im Nahverkehr ersetzen wolle. 1999 wickelte die Bahn im Fernverkehr rund 175 Millionen Zugkilometer ab. Das ist die Gesamtzahl der gefahrenen Kilometer, unabhängig davon, ob Reisende befördert wurden oder nicht. Bahnfahren soll sicherer werdenDer Bahnchef erklärte in der "Bild"-Zeitung, dass auf den Bahnhöfen und in den Zügen künftig noch mehr Beamte des Bundesgrenzschutzes patrouillieren sollen. "Wir verhandeln mit dem Innenminister über eine befristete Hilfe von etwa 1.500 BGS-Beamten. Sie sollen auf Bahnhöfen und in Zügen dafür sorgen, dass auch Frauen und Kinder nachts und abends ohne Angst die Bahn nutzen können. Damit werden wir noch im ersten Halbjahr 2000 starten."

Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßte diese Pläne. Sprecher Holger Jansen sagte im Saarländischen Rundfunk: "Es gibt viele unbegleitete Züge nachts, die im Umkreis der Ballungsgebiete fahren." Doch auch im Fernverkehr gebe es an Wochenenden Probleme mit Fußballfans oder überfüllten Zügen.

Der AvD kritisierte, die geplante Streichung von Bahnkilometern offenbare das typische Bahndenken von vorgestern: "Passagiere zählen, Angebot ausdünnen, erneut zählen - Strecke stilllegen." Angebote zu schaffen, neue Modulverkehrsmittel einzusetzen und Strecken attraktiv zu gestalten, bleibe für die Bahn tabu. Die Sicherheit auf den Bahnhöfen könne mit Kiosken, Dienstleistungsangeboten und Info-Bahnern auf dem Bahnsteig wirksamer und billiger verbessert werden als mit schwarzen Sheriffs.

"Focus" berichtete, der Gewinn nach Steuern des Bahnkonzerns sei 1999 von 334 Millionen Mark auf 241 Millionen Mark gesunken. Ein Unternehmenssprecher wollte die Zahl am Montag nicht kommentieren.

(RPO Archiv)
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