Besser "lebenslang"

Artikel 102 des Grundgesetzes sagt es mit vier Wörtern: "Die Todesstrafe ist abgeschafft." Leider fehlt ein entsprechender Satz in der Verfassung der USA. Solange das so ist und solange in zahlreichen der 50 US-Bundesstaaten die Todesstrafe nicht nur verhängt, sondern auch – siehe vorletzte Nacht in Georgia – vollzogen wird, so lange taugt "God's own country" nicht als Führungsmacht der Freien Welt. Es gleicht einer moralischen Selbstamputation, dass das große, auch großartige Amerika, das sonst jeden Schritt in die Moderne an erster Stelle wagt, beim Thema Todesstrafe rückständig bleibt.

Ein Staat, der auf sich und seine Rechtsstaatlichkeit hält, darf nicht töten, es sei denn durch seine Polizei in Notwehr-Lagen oder in einem Verteidigungskrieg. Vorbildlich ist das Beispiel des US-Bundesstaates Illinois, in dem 2003 sämtliche Todesurteile in lebenslange Freiheitsstrafen umgewandelt wurden. Vorausgegangen waren Fälle, bei denen sich die Unschuld von Hinrichtungs-Kandidaten herausgestellt hatte. Ob die Zweifel an der Schuld des totgespritzten Troy Davis berechtigt waren, wissen wir nicht. Was wir wissen, ist: Man hätte auch seine Strafe in lebenslang ändern sollen – allerdings nicht in ein stark verkürztes "lebenslang" deutscher Art.

Bericht: Umstrittenes Todesurteil . . ., titelseite

(RP)
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