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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat beim Weltwirtschaftsforum in Davos mit der Abschottungspolitik von US-Präsident Donald Trump abgerechnet und Europa zu neuer Eigenständigkeit ermahnt. "Wir glauben, dass Abschottung uns nicht weiterführt. Wir glauben, dass wir kooperieren müssen, dass Protektionismus nicht die richtige Antwort ist", sagte sie vor mehreren Tausend Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, ohne Trump namentlich zu nennen.

Er hatte zuletzt hohe Einfuhrzölle für Waschmaschinen und Solarpaneele erlassen und damit Sorgen vor einem Handelskrieg verschärft. Der US-Präsident spricht erst heute in Davos. Zu einem Treffen mit Merkel kommt es nicht.

Merkel forderte im Schulterschluss mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron sowie Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni zu einer Stärkung Europas auf. Es müsse eine einheitlichere europäische Außenpolitik, mehr Verantwortungsübernahme zur Lösung von internationalen Konflikten und einen gemeinschaftlichen Einsatz für Wohlstand und hohe sozialen Standards geben. "Wir müssen unser Schicksal mehr in die eigene Hand nehmen", betonte sie mit Nachdruck.

Macron schlug eine Zehn-Jahres-Strategie vor, um die EU neu aufzustellen. "Falls wir die Fragmentierung der Welt vermeiden wollen, brauchen wir ein stärkeres Europa", sagte er. Europa habe im Kräfteverhältnis mit China und den USA seine Rolle einzunehmen. Der Kontinent müsse sich dabei ambitioniertere Ziele setzen - vom Klimaschutz, über den Finanzsektor bis hin zur Digitalen Revolution. USA und China müssten in der Steuerpolitik mit der Weltgemeinschaft zusammenarbeiten. Ein gegenseitiger Unterbietungswettstreit um die niedrigsten Steuersätze sei nicht die richtige Antwort auf die Globalisierung. Gentiloni sagte, eine stärkere internationale Rolle der EU sei "die fundamentale Botschaft, die wir in dieser unberechenbaren Welt vermitteln müssen."

Merkel zählte zu den größten Herausforderungen die Digitalisierung. Hier müsse gerade Deutschland aufholen und zugleich auf Menschen achten, die "bei dem wahnsinnigen Tempo" nicht mithalten könnten. Ferner forderte sie zu Engagement für Afrika auf und sprach von einer "tiefen Schuld" durch die Kolonialisierung.

Gegen eine Politik wie von Trump gerichtet sagte Merkel, wer Fairness vermisse, müsse multilaterale und nicht unilaterale Lösungen suchen. Nationale Egoismen, Populismus und eine polarisierende Atmosphäre würden auch durch Sorgen von Menschen ausgelöst, die an einer fairen Problemlösung durch multilaterale Kooperation zweifelten. Deshalb: "Je besser es uns zuhause gelingt, Spaltungen zu überwinden, umso freier werden wir uns dem Multilateralismus zuwenden."

Mit Blick auf die Terrororganisation Islamischer Staat und Kriege in der Welt sagte Merkel, oft habe sich Europa auf die USA verlassen, die "sich jetzt aber auch auf sich konzentrierten". Es sei gut, dass Europa eine gemeinsame Verteidigungspolitik vereinbart habe. Das richte sich nicht gegen die Nato. Und so bedauerlich die Entscheidung der Briten sei, aus der EU auszutreten, so sehr habe es den anderen EU-Staaten Mut zum Zusammenhalt gemacht.

Merkel, die derzeit nur geschäftsführend im Amt ist, beteuerte trotz des Schwebezustands durch die schleppende Regierungsbildung, Deutschland werde weiterhin als starke Kraft zur gemeinsamen Lösung von Konflikten in der Welt beitragen.

(kd)
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