Drei Viertel der Berliner wollen eine Neuwahl. Berlin: SPD will Diepgen stürzen

Berlin (rpo). Die Berliner SPD will den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU/Foto) stürzen, um eine schnelle Neuwahl zu erzwingen. Am kommenden Donnerstag will die SPD einen Misstrauensantrag gegen Diepgen im Abgeordnetenhaus stellen. Dies sagte SPD-Chef Peter Strieder. Am Donnerstag war die große Koalition zerbrochen.

Auf einer außerordentlichen Sitzung des Parlaments am Samstag (16. Juni) soll Diepgen dann abgewählt werden. Die Oppositionsfraktionen Grüne und PDS haben dafür bereits ihre Zustimmung signalisiert.

Die CDU bezeichnete das Vorhaben als voraussehbaren neuen Eskalationsschritt in der SPD-Strategie. Zugleich machte sie klar, dass sie sich im Streit um einen Neuwahltermin nicht von der SPD unter Druck setzen lassen will. "Wir verschließen uns Neuwahlen nicht, aber wir springen nicht über jeden Stock, den uns die SPD hinhält", sagte der stellvertretende CDU-Fraktionschef Alexander Kaczmarek am Freitag der dpa. Es gebe keinen triftigen Grund für den von der SPD vorgeschlagenen Neuwahltermin 23. September, an dem auch die Hamburger Bürgerschaft gewählt wird.

Die CDU hatte in puncto Neuwahlen am Donnerstagabend überraschend gebremst. Diepgen hatte erklärt, es sei noch gar nicht klar, ob es eine Neuwahl gebe. Die Partei wolle das in den nächsten Wochen entscheiden. Kaczmarek unterstrich, Diepgen habe niemals einen bestimmten Termin dafür zugestimmt. Bei einer Neuwahl müssten bestimmte Fristen auch bei den anstehenden Nominierungen eingehalten werden. Deshalb komme ein Termin erst nach der Sommerpause, vermutlich erst im Oktober oder November zu Stande.

Nach der Abwahl Diepgens am Samstag wird vermutlich schon am selben Tag der SPD-Spitzenkandidat Klaus Wowereit zum Regierenden Bürgermeister eines Übergangssenates bis zu der angestrebten Neuwahl gewählt. Nach Vorstellungen der SPD werden die vier CDU-Senatoren durch neue auf Vorschlag von Wowereit ersetzt. Ob die neuen Senatoren auch aus den Reihen der Grünen kommen werden, ist noch unklar. Eine direkte Beteiligung der PDS an der Regierung kommt in dieser Wahlperiode nicht in Frage.

Nach der Neuwahl könne seine Partei eine Beteiligung der PDS nicht ausschließen, betonte Wowereit am Freitag erneut. "Das schließt auch eine Zusammenarbeit mit der FDP oder den Grünen nicht aus." In der laufenden Legislaturperiode sehe er sich an die Zusagen seiner Partei gebunden, keine Regierung mit der PDS zu formieren. Für eine Übergangszeit sei aber auch ein SPD-Minderheitssenat unter Tolerierung der PDS denkbar.

Umfrage: Drei Viertel der Berliner für Neuwahlen

Drei Viertel der Berliner wollen eine Neuwahl. Nur 20 Prozent lehnten dies ab, ergab eine repräsentative Umfrage von infratest dimap im Auftrag der SFB-Abendschau, die am Freitag veröffentlicht wurde. Den Ausstieg der SPD aus der Koalition mit der CDU bezeichneten 47 Prozent der Befragten als richtig. 42 Prozent meinten, die Sozialdemokraten hätten das Regierungsbündnis nicht verlassen sollen.

Fänden am kommenden Sonntag in Berlin Wahlen statt, käme die CDU auf 31 Prozent der Stimmen und die SPD auf 27 Prozent. Die PDS würde 20 Prozent erhalten, die Grünen 10 Prozent. Laut Umfrage käme die FDP auf 7 Prozent und zöge damit wieder in das Abgeordnetenhaus ein.

16 Prozent der Befragten sprachen sich für eine Koalition von SPD und Grünen aus. 13 Prozent wollen eine erneute große Koalition von SPD und CDU. Ein Zusammengehen von SPD und PDS befürworteten 10 Prozent. 19 Prozent gaben an, sie wüssten nicht, welche Partei Berlin regieren soll. Bei der repräsentativen Umfrage wurden am Donnerstag 1004 wahlberechtigte Bürger befragt.

(RPO Archiv)
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