Keine Entscheidung aufgrund von Gerüchten Berlin droht mit Abzug der AWACS-Besatzungen

Berlin (rpo). Die Bundesregierung wird die deutschen Besatzungmitglieder aus den AWACS-Aufklärern über der Türkei abziehen, sobald türkische Soldaten die Grenze zu Nordirak überschreiten.

Das teilten Bundesaußenminister Joschka Fischer und Verteidigungsminister Peter Struck am Samstag nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts in Berlin mit.

"Wird die Türkei zur Kriegspartei, dann ändert sich auch für uns die Lage", sagte Fischer. Das Sicherheitskabinett habe die Lage in Nordirak intensiv beraten. Derzeit habe die Regierung aber keine Erkenntnisse, dass die Türkei mit weiteren Soldaten nach Irak einmarschiert sei, sagte Fischer. Seit geraumer Zeit befänden sich türkische Truppen im türkisch-irakischen Grenzstreifen. Eine Änderung der Lage sei derzeit nicht zu erkennen. Sollte sich dies ändern, würden die deutschen Soldaten abgezogen. "Wir werden uns an einem Krieg nicht beteiligen", sagte der Außenminister.

Nach Worten von Bundesverteidigungsminister Peter Struck gilt das auch für die an die niederländische Armee für den Einsatz in der Türkei gelieferten Luftabwehrraketen vom Typ Patriot. Für diese Waffensysteme ergäbe sich eine "vergleichbare Lage", falls die Türkei zur Kriegspartei würde, sagte er.

In der Nacht hatte es Berichte gegeben, wonach die türkische Armee nach Nordirak vorgerückt sei. Nach Angaben der beiden Minister hat auch der Bundesnachrichtendienst keine Erkenntnisse, dass die türkische Armee tatsächlich in Irak einmarschiert ist.

Grünen-Fraktion begrüßt Entscheidung zu AWACS-Besatzungen

Die Grünen-Fraktion hat die Entscheidung der Bundesregierung zum Abzug deutscher Soldaten aus den AWACS- Aufklärungsflugzeugen im Falle eines Kriegseintritts der Türkei begrüßt. "Wir stehen zu unseren Bündnispflichten, aber wenn die Türkei Kriegspartei ist, dann handelt es sich nicht mehr um eine Verteidigungsleistung", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, am Sonntag der dpa in Berlin. "Wir begrüßen die Entscheidung, weil die Bundesregierung damit auf ihrer Linie bleibt."

Stoiber warnt vor "Alleingang" bei AWACS-Abzug

CSU-Chef Edmund Stoiber hat die Bundesregierung vor einem "Alleingang" bei einem eventuellen Abzug deutscher Soldaten aus den AWACS-Aufklärungsflugzeugen in der Türkei gewarnt. "Wird die Türkei wirklich Kriegspartei, dann muss die Entscheidung über die AWACS-Maschinen innerhalb der NATO fallen. Vorerst sollten die deutschen Soldaten aber an Bord bleiben", sagte er der "Bild am Sonntag" zufolge.

Ähnlich äußerte sich der CDU-Politiker Volker Rühe. "Wenn die Türkei in den Krieg eingreift, dann sollte die Bundesregierung über den Verbleib der deutschen Soldaten auf den AWACS-Flugzeugen nicht im Alleingang entscheiden. Sie muss darüber im Rahmen der NATO befinden", wird er zitiert.

Derzeit sind vier AWACS-Aufklärer der NATO in der Türkei im Einsatz

Derzeit sind vier AWACS-Aufklärer der NATO in der Türkei im Einsatz. Ihr Auftrag ist ausschließlich der Schutz des NATO-Partners Türkei. Eine Kriegsbeteiligung hat die Bundesregierung von Anfang an ausgeschlossen.

Ein Drittel der Besatzungen wird von Deutschland gestellt. Bei vier Maschinen sind das rund 20 deutsche Radar- und Elektronikspezialisten. Würden die deutschen Besatzungen abgezogen, wären die Aufklärer nicht mehr einsatzfähig.

Den Niederlanden hatte die Bundesregierung 46 Patriot-Abwehrraketen zur Verfügung gestellt. Abschuss- und Radarsysteme sowie Bedienungsmannschaften werden von der holländischen Armee gestellt.

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