Belgische Separatisten setzen mehr Rechte für Flamen durch

Bart de Wever gilt als Lebemann. Für Fast Food und Freunde findet der rundliche Chef der flämischen Separatisten (N-VA) immer Zeit. Und so verließ die Schlüsselfigur der belgischen Regierungsbildung jüngst abrupt den Verhandlungstisch – um in seiner Lieblings-Pommesbude das neue Buch eines Bekannten vorzustellen. Beim Fritten-Verzehr verhalte er sich genau wie bei politischen Forderungen, gab der Fast-Food-Fan freimütig zu: "Ich bekomme nie genug."

Einen ersten Erfolg kann der separatistische Nimmersatt, der bei den Wahlen am 13. Juni im niederländischsprachigen Norden einen Erdrutschsieg einfuhr, in den Sondierungsgesprächen verbuchen: Die frankophonen Parteien, die eine Aushöhlung des belgischen Föderalstaats ablehnen, stimmten jetzt einer größeren finanziellen Eigenständigkeit für die Regionen zu. Diese sollen durch neue Befugnisse – etwa im Gesundheitsbereich – das Sagen über fast 16 Milliarden Euro bekommen. De Wever nennt dies eine "kopernikanische Wende", die langfristig zu einem unabhängigen Flandern und damit zu einer Spaltung Belgiens in einen niederländischsprachigen und einen frankophonen Teil führen soll. Politologe Michel Quévit von der Universität Leuven wertet den Beschluss als "Anfang vom Ende der belgischen Solidarität". In der Tat kann der arme, frankophone Süden das Niveau seiner Sozialleistungen nur durch Milliardentransfers aus dem reicheren flämischen Norden halten. Vorerst wird es zwar keine Teilung der Sozialsysteme geben. Wissenschaftler Quévit schlägt dennoch Alarm. "Ich verstehe nicht, dass Europa sich das schweigend ansieht", sagt er. "In Belgien stehen zwei Grundprinzipien der Europäischen Union auf dem Spiel: Solidarität und Kooperation." Für ihn steht fest: Die im Grundsatz vereinbarte Finanzreform führt zu einer wachsenden Konkurrenz der Landesteile und weist letztlich den Weg für eine sanfte Spaltung Belgiens.

Doch damit nicht genug. Trotz der Mini-Einigung bei den Finanzen ist ein Scheitern der Sondierungsgespräche unter Führung des frankophonen Sozialisten Elio di Rupo noch nicht abgewendet. Der Streit um die Abschaffung von Sonderrechten der Französischsprachigen im flämischen Umland von Brüssel eskalierte am Dienstagabend derart, dass die Chefin der frankophonen Christdemokraten, Joëlle Milquet, wutentbrannt die Verhandlungen verließ. Die für gestern geplante entscheidende Gesprächsrunde der Parteivorsitzenden wurde daraufhin abgesagt. Eigentlich wollte Elio di Rupo die Sondierung diese Woche abschließen, um dann vom König grünes Licht für die offiziellen Koalitionsgespräche zu bekommen.

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