Berlin Beim Spiel mit der Waffe getötet

Berlin · Der Tod eines 21-jährigen Bundeswehrsoldaten kurz vor Weihnachten in Afghanistan wird ein juristisches Nachspiel haben. Auf einen ebenfalls in dessen Einheit in Pol-i Khomri eingesetzten Kameraden dürften deshalb Ermittlungen wegen eines Tötungsdeliktes zukommen. Das ergibt sich aus Unterlagen, die das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in der vergangenen Woche an die zuständige Staatsanwaltschaft in Gera weitergeleitet hat.

Danach sollen die Beteiligten sich "die Waffen vor die Nasen gehalten" und damit "spielerisch" umgegangen sein, als der 21-Jährige von einem Schuss in den Kopf getroffen wurde. Nach ersten Darstellungen der Bundeswehr sollte das Opfer "mit einer Schusswunde aufgefunden" worden und später bei einer Notoperation gestorben sein. Im Folgenden war über einen Selbstmord spekuliert worden.

Umstritten ist, inwieweit Minister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) über den tatsächlichen Hergang informiert war, als er kurz danach mit Kanzlerin Angela Merkel nach Afghanistan reiste. Gestern unterstrich das Verteidigungsministerium, bereits am 18. Dezember, also einen Tag nach dem Tod des Hauptgefreiten, die Staatsanwaltschaft eingeschaltet zu haben. Am 21. Dezember sei auch das Parlament informiert worden. Am 6. Januar sei das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden "wegen des dringenden Verdachts der fahrlässigen Tötung". Dagegen erinnern sich Abgeordnete daran, dass die politische Führung des Ministeriums im Ausschuss auch danach noch eine andere Darstellung lieferte und sie erst vom Wehrbeauftragten über den tatsächlichen Hergang informiert worden seien.

Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus (FDP) war es auch, durch den das Ministerium auf eine Serie von Straftaten aufmerksam wurde. Bei seinem jüngsten Besuch in Afghanistan in der vergangenen Woche hatte Königshaus im Gespräch mit Soldaten eines Ausbildungs- und Schutzbataillons erfahren, dass deren Post an die Angehörigen nach Deutschland "systematisch" geöffnet worden sei und in einigen Fällen die Inhalte sogar vollständig fehlten. Königshaus hält es für "wenig wahrscheinlich", dass ein deutscher Nachrichtendienst dahintersteckt. Möglicherweise müsse an einen kriminellen Hintergrund gedacht werden.

Für Königshaus ist auffällig, dass nach den bisherigen Erkenntnissen nur eine Einheit von dem Verstoß gegen das Briefgeheimnis betroffen ist. Da aber die Post nach der Anlieferung in Masar-i Sharif mit den Sendungen von Soldaten anderer Einheiten gemischt werde, sei es relativ unwahrscheinlich, dass die Straftaten in Deutschland verübt wurden. Afghanistan als Tatort komme eher in Frage. Königshaus hält es daher für denkbar, dass dort "der eine oder andere nach Wertgegenständen gesucht hat".

(RP)
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