Schwerpunkt Energieversorgung Behörde für Spritpreis

Mit einer neuen Datensammelstelle will die Bundesregierung willkürliche Preissprünge an Tankstellen verhindern. Die Opposition ist skeptisch, dass sich die Lage für die Autofahrer bessert.

Berlin Pünktlich mit Beginn der Schulferien oder dem Start eines langen Wochenendes steigen in Deutschland an den Zapfsäulen die Preise. Die Autofahrer haben keine Wahl, da es kaum Preisunterschiede an den Tankstellen gibt. Der Verdacht: Preisabsprachen.

Die Regierung will die Preispolitik der Ölriesen nun besser auf mögliche Verstöße gegen das Kartellrecht kontrollieren. Das Kabinett beschloss gestern die Einrichtung einer neuen Meldebehörde. Die Datensammelstelle ist beim Bundeskartellamt angesiedelt und soll unangemessene Preissprünge an den Zapfsäulen erkennen und ahnden. Die neue "Markttransparenzstelle" soll auch die Preisbildung bei Gas und Strom überwachen. Noch in diesem Jahr soll das Gesetz in Kraft treten.

Die Betreiber der rund 14 700 Tankstellen in Deutschland müssen künftig melden, wann und in welcher Größenordnung ihre Preise steigen oder sinken. Händler und Raffinerien sollen zudem der "Markttransparenzstelle" bekannt geben, zu welchen Preisen sie Rohöl oder Kraftstoff ein- und verkaufen. Monat für Monat werden beim Kartellamt auf diesem Weg Millionen von Datensätzen eingehen. Noch unklar ist, wie viel Personal zur Auswertung der Datensätze zur Verfügung steht.

Mit den Ein- und Verkaufspreisen könnten die Kartellwächter Anhaltspunkte für mögliche Verstöße finden, erklärte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). "Das wird die Position der mittelständischen freien Tankstellen verbessern und den Wettbewerb stärken."

Die enormen Preissprünge an den Tankstellen stehen schon länger in der Kritik. Nach einer Studie im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen sind nur 60 Prozent der Preissteigerungen an den Zapfsäulen mit gestiegenen Rohölpreisen zu erklären. Rund 40 Prozent beruhen demnach auf Gewinnausweitungen der Mineralölkonzerne.

Der Autor der Studie, Steffen Bukold, hatte den Zeitraum von November 2011 bis Anfang März dieses Jahres untersucht. Die Tankstellenpreise für Superbenzin seien allein in diesem Zeitraum um 11,3 Cent pro Liter gestiegen. Nur 6,6 Prozent des Preisanstiegs ließen sich durch höhere Rohölpreise erklären.

Mineralölkonzerne und Opposition kritisieren die neue Meldebehörde für Benzinpreise. Selbst die freien Tankstellen, die dem Wirtschaftsminister zufolge gestärkt werden sollen, bezeichnen das neue Gesetz als Planwirtschaft. "Ich sehe die Meldebehörde als Luftnummer. Die Entscheidung ist ein Wahlkampfmanöver", kritisierte Bärbel Höhn, stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag. Die Mehrheit der Experten gehe davon aus, dass die Behörde keine Entlastung der Verbraucher mit sich bringen werde, betonte Höhn. Wirtschaftsminister Rösler nahm die Kritik an seinem Gesetz gelassen: "Die Reaktion der großen Mineralölkonzerne zeigt, dass wir offenbar auf dem richtigen Weg sind."

Der Autofahrer-Club ADAC begrüßt hingegen die gesetzliche Neuregelung. Das Bundeskartellamt könne auf diesem Weg Missbräuche und wettbewerbswidrige Praktiken auf dem Kraftstoffmarkt aufdecken.

(RP/jh-)
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