FDP drängt weiter auf Spendernamen Baum: Parteiausschluss Möllemanns prüfen

Düsseldorf (rpo). Nach Ansicht des ehemaligen Bundesinnenministers Gerhart Baum ist es erforderlich, den Parteiausschluss von Jürgen Möllemann zu prüfen. "Er hat der FDP großen Schaden zugefügt", reagierte Baum auf den Rücktritt Möllemanns.

Baum hat den Rücktritt von Jürgen Möllemann als "überfällig" bezeichnet. "Ein Parteiausschlussverfahren sollte ernsthaft geprüft werden", sagte Baum am Montag in Köln auf Anfrage. Jetzt müssten die Aufräumarbeiten beginnen. Dabei betonte Baum, wichtig sei nicht nur die Verletzung des Parteispendengesetzes. "Es geht nicht nur um die Finanzierung des Flyers. Es geht auch um den Inhalt des Flugblatts und das Spielen mit antisemitischen Ressentiments." Die Partei in Nordrhein-Westfalen und im Bund habe viel zu lange gezögert, "einen politischen Trennungsstrich zu Möllemann zu machen", der schon im Sommer wichtig gewesen wäre. Den stellvertretenden Vorsitzenden der nordrhein- westfälischen FDP, Andreas Pinkwart, nannte Baum einen "geeigneten Nachfolger".

Pieper: Problem noch nicht erledigt

Die Generalsekretärin der Liberalen, Cornelia Pieper, sagte am Sonntagabend in der ARD, das Problem Möllemann sei aus ihrer Sicht noch nicht erledigt. Zuvor hatte FDP-Bundesschatzmeister Günter Rexrodt erklärt, dass die Partei die Vorgänge "weiterhin konsequent und transparent aufklären werde.

Pieper sagte, es reiche nicht aus, sich bei den Vorwürfen einfach zurückzuziehen. "Wir wollen jetzt Aufklärung, wer die Spender sind", betonte sie. Dabei geht es um ein mit 840.000 Euro gefülltes Sonderkonto Möllemanns, mit dem dieser sein umstrittenes Flugblatt finanziert hatte. Rexrodt hatte dies als Verstoß gegen das Parteiengesetz bezeichnet und Parteichef Guido Westerwelle hatte Möllemann deshalb ursprünglich ein Ultimatum bis Montag gestellt.

Am Sonntagabend hatte Möllemann überraschend seinen sofortigen Rücktritt als Partei- und Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen erklärt. Dadurch entzog er sich nach Aussage Westerwelles der Absetzung durch den Landesvorstand. Möllemann erholt sich derzeit von einer Herzerkrankung auf den Kanarischen Inseln.

In seiner in Düsseldorf verbreiteten schriftlichen Erklärung ignorierte er Westerwelles Ultimatum und erklärte lediglich, er werde sicherstellen, dass die FDP keinen finanziellen Schaden erleide. Außerdem erhob er schwere Vorwürfe gegen die Parteispitze, die offensichtlich "die kleinen Fortschritte meiner medizinisch begleiteten Gesundung zunichte machen" wollten. Sein politischer Tod sei ihnen offensichtlich wichtiger als die Folgen ihres zerstörerischen Verhaltens für die FDP. Er wolle sich und seine Familie den "fahrlässigen öffentlichen Spekulationen, Verdächtigungen und Anschuldigungen" nicht länger aussetzen.

Flach vs. Pinkwart

In der FDP-Spitze wurde Möllemanns Entscheidung zunächst mit Erleichterung registriert. Westerwelle nannte sie konsequent und notwendig. Rexrodt sprach von einem Befreiungsschlag für die Partei. Die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete den Rücktritt laut "Münchner Merkur" als überfällig.

Für Möllemanns Nachfolge als Landeschef wird es mindestens zwei Kandidaten geben: Seine bisherige Stellvertreterin Ulrike Flach kündigte an, dass sie auf dem nächsten Parteitag kandidieren werde. Auch Möllemanns anderer Stellvertreter Andreas Pinkwart bekräftigte in der ARD seine Kandidatur. Pinkwart gilt als Favorit von Parteichef Westerwelles. Als Nachfolger im Amt des Fraktionschefs sprach sich der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, laut "Berliner "Tagesspiegel" für den bisherigen Vize-Vorsitzenden Stefan Grüll aus.

Grüll kandidiert für FDP-Fraktionsvorsitz

Grüll hat am Morgen seine Kandidatur für das Amt des Fraktionsvorsitzenden nach dem Rücktritt von Jürgen Möllemann erklärt. "Ja, ich werde kandidieren", sagte Grüll am Montag im "WDR-Morgenmagazin". Das Amt sei eine reizvolle und schwierige Aufgabe. Die Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit der Partei müsse jetzt sehr schnell wiederhergestellt werden. Der Rücktritt Möllemanns sei ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur vollständigen Aufklärung der Spenden-Vorgänge, "aber kein Schlussstrich". Er erwarte von Möllemann, dass er die Spender nenne. Möllemann müsse das tun aus Rücksicht auf die FDP.

Möllemann selbst betonte, dass er sich nicht aus der Politik zurückziehen werde. Vor Anfang Dezember werde er aber dem Rat seiner Ärzte folgend keine politische Tätigkeit aufnehmen. Pieper sagte auf die Frage, ob Möllemann jetzt aus der FDP austreten solle, zunächst müsse er als Parteimitglied die Sache aufklären. Sie könne sich aber schlecht vorstellen, dass Möllemann mit politischen Aktivitäten an vorderster Stelle weitermache.

Rexrodt: Spendenaffäre auch ein finanzielles Desaster

Die Spendenaffäre ist nach Angaben des FDP-Bundesschatzmeister Günter Rexrodt auch ein finanzielles Desaster für die Partei. Rexrodt sagte am Montag im ARD- "Morgenmagazin", da die Spender noch nicht ermittelt seien, werde die die FDP die 838 000 Euro wahrscheinlich an den Bundestagspräsidenten zurückzahlen.

Pinkwart fordert Rückgabe der politischen Mandate

FDP-Landesvizechef Pinkwart hat am Montag den zurückgetretenen Vorsitzenden Jürgen Möllemann aufgefordert, sowohl das Bundestags-als auch das Landtagsmandat aufzugeben. In Anbetracht des Desasters, in dem die FDP sich jetzt befindet, sollte Möllemann beide Mandate an die FDP zurückgeben, sagte Pinkwart in der ARD. Auch werde seine Partei Möllemann notfalls zwingen, sich zu den Spendern der 838 000 Euro auf dessen Wahlkampfkonto zu äußern.

FDP-Bezirkschef sieht "Blutrausch-Inszenierung"

Als eine "Blutrausch-Inszenierung" hat der Vorsitzende des FDP-Bezirksverbandes Münsterland, Heinz-Wilhelm Steinmeier, den Umgang der eigenen Parteispitze mit Jürgen Möllemann bezeichnet. "Diesen Druck der Parteiführung hat weder der Mann auf der Straße noch der politische Gegner gefordert", sagte Steinmeier der dpa am Montag nach dem Rücktritt Möllemanns als Partei- und Fraktionschef der FDP in Nordrhein-Westfalen. Möllemanns heimischer Bezirksverband stehe dem "Freund und politischen Spitzenmann" in jedem Fall offen, sagte Steinmeier. Er sei überzeugt, dass die "Zerfleischung" Möllemanns in der Folge der Flugblattaffäre lediglich Mittel zum Zweck sei, "den unbequemen Querdenker aus der Partei herauszudrängen", betonte Steinmeier.

(RPO Archiv)
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