Baerbock will neue Sanktionsliste Deutschland macht weiter Druck auf Iran
Das Mullah-Regime geht weiter mit absoluter Brutalität gegen seine Bürger vor, die in iranischen Städten für Freiheit und Demokratie auf die Straße gehen. Die EU will nun weitere führende Figuren des Regimes auf die Sanktionsliste setzen.
Annalena Baerbock will nicht nachlassen. Auch wenn ihre feministische Außenpolitik im Falle des erzkonservativen Mullah-Regimes an Grenzen stößt, schickt die deutsche Außenministerin eine Solidaritätsadresse in iranische Städte, wo seit Wochen Frauen und Männer für Freiheit und Demokratie auf die Straße gehen. Baerbock betont auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: „Wir stehen an der Seite der Männer und Frauen in Iran, und zwar nicht nur heute, sondern: so lange es notwendig ist.“
Da mag ihr der Amtskollege Hossein Amirabdollahian in Teheran vorwerfen, Baerbock verfolge eine „provokative, interventionistische und undiplomatische Haltung“. Die Grünen-Politikerin betont nach dem Tod von Jina Mahsa Amini weiter ihre Unterstützung für den Widerstand der Menschen in Iran.
Mahsa Amini war Mitte September von der iranischen Sittenpolizei festgenommen worden, angeblich, weil sie ihr Kopftuch nicht entsprechend der Vorschrift getragen habe. Die 22 Jahre alte Frau starb nach Misshandlungen. Seither ist Iran in Aufruhr und das Mullah-Regime unter Druck, das seine Sicherheitskräfte brutal gegen die Demonstrierenden vorgehen lässt.

So protestiert die Welt gegen den Tod der Iranerin Mahsa Amini
Schon am Montag will die Europäische Union beim Treffen der EU-Außenminister ein nächstes Sanktionspaket gegen Iran beschließen, um den Druck auf die Mullahs zu erhöhen. Dann sollen 31 weitere Einzelpersonen, darunter Kommandeure der Revolutionsgarden, aber auch aus dem IT-Bereich, sowie staatliche Einrichtungen in Iran dem europäischen Sanktionsregime unterzogen werden.
Baerbock: „Wir arbeiten mit Hochdruck am nächsten Sanktionspaket. Nächste Woche wollen wir es verabschieden.“ Zu den Strafen sollen Reisebeschränkungen gehören. Auch Vermögen sollen eingefroren sowie Handel und Geldtransfer mit den Personen und Institutionen auf dieser nächsten EU-Sanktionsliste untersagt werden.
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil sprach sich dafür aus, den Druck auf die iranische Führung wegen ihres brutalen Vorgehens gegen die Protestierenden im Land zu erhöhen. Klingbeil sagte unserer Redaktion: „Als SPD stehen wir an der Seite der mutigen Iranerinnen und Iraner, die sich gegen das brutale Regime wehren. Wir setzen uns gemeinsam mit der Ampel-Regierung für weitere Sanktionen gegen die Verantwortlichen ein. Es ist wichtig, dass wir dabei europäisch vorgehen und den Druck auf die iranische Führung gemeinsam ausweiten.“
Klingbeil nannte das brutale Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen die für ihre Freiheit demonstrierenden Menschen „abscheulich“. Klingbeil: „Die Proteste, die auch von immer mehr Männern im ganzen Land unterstützt werden, werden brutal niedergeschlagen. Bürgerinnen und Bürger, darunter Minderjährige, werden verprügelt, gefoltert, eingesperrt, weil sie für Selbstverständlichkeiten auf die Straße gehen: für ihre Freiheit und ihre Selbstbestimmung.“
Zudem soll Iran nun für die Lieferung unbemannter Drohnen an Russland belangt werden, mit denen Kreml-Herrscher Wladimir Putin die zivile Infrastruktur in der Ukraine – Heizkraftwerke, Stromanlagen, Versorgungseinrichtungen – bombardieren lässt.
Damit nicht genug: Noch im November soll sich der UN-Menschenrechtsrat mit einer von Deutschland beantragten Sondersitzung mit Iran befassen. Die Vereinten Nationen sollen dann einen Mechanismus beschließen, mit dem sie Menschenrechtsverletzungen des Mullah-Regimes gegen die eigene Bevölkerung systematisch erfassen können. Dazu sollen auch Zeugenbefragungen zählen.
Weil die UN -- wie auch in Syrien oder Weißrussland -- keine eigenen Ermittler in Iran haben, sollen Zeugen virtuell vernommen werden. Deutschland drängt darauf, Menschenrechtsverbrechen so zu protokollieren, dass die dafür in Iran Verantwortlichen zu einem späteren Zeitpunkt auch zur Rechenschaft gezogen werden können. Allerdings muss der UN-Menschenrechtsrat, dem 47 von der UN-Vollversammlung gewählte Staaten angehören, eine solche Untersuchung mit Mehrheit beschließen, was aktuell als nicht sicher gilt.
Irans Außenminister Amirabdollahian warnte nach einem Telefongespräch mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres mit Blick auf die Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrates vor einer Einmischung in innere Angelegenheiten seines Landes.
Inwieweit sich eine neue EU-Sanktionsliste wie auch das geplante systematische Erfassen von Menschenrechtsverletzungen auf die erhoffte Rettung des Atomabkommens mit Iran auswirkt, ist offen. Deutschland sowie die fünf ständigen Atommächte USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien wollen das Regime in Teheran daran hindern, eine eigene Fähigkeit zum Bau von Atombomben zu erreichen.
Nach monatelangen Verhandlungen liegt Iran nun ein Angebot vor, das nach Überzeugung der EU nicht mehr nachgebessert werden soll. Die Regierung in Teheran hat sich dazu bislang nicht geäußert und spielt womöglich auf Zeit. „Das Abkommen würde die Welt sicherer machen“, hatte EU-Außenbeauftragter Josep Borrell zuletzt gesagt. Dieses im Diplomatenjargon Joint Comprehensive Plan of Action (JCPoA) genannte Abkommen stellt der iranischen Regierung eine Erleichterung der massiven westlichen Wirtschaftssanktionen in Aussicht, wenn sie Einblicke in ihr Nuklearprogramm gewährt.
Aber die Aussichten auf eine Rettung des Atomabkommens dürfte durch die jüngste Entwicklung nochmals gesunken sein.