Wahlen in Slowenien und Kroatien Zwei Machtwechsel auf dem Balkan
Zagreb · Sowohl in Kroatien und Slowenien haben die Bürger heute gewählt. In beiden Ländern deutet sich ein Machtwechsel an. In Kroatien ist das für die bislang regierenden Konservativen ein Denkzettel für Misswirtschaft und Korruption. Beim slowenischen Nachbarn sprechen die Prognosen für eine faustdicke Überraschung.
In Kroatien: In Kroatien deutet sich nach der Parlamentswahl ein Machtwechsel an: Laut einer Wählernachfrage könnte ein sozialdemokratisch geführtes Mitte-links-Bündnis 83 der 151 Abgeordnetensitze für sich gewinnen. Die bisher regierende konservative Kroatische Demokratische Union (HDZ) käme der vom unabhängigen Meinungsforschungsinstitut Ipsos am Abend veröffentlichten Umfrage zufolge nur auf 40 Mandate. Für die von Korruptionsvorwürfen erschütterte HDZ war eine Niederlage prognostiziert worden, auch weil der Lebensstandard in Kroatien bei steigender Arbeitslosigkeit gesunken ist.
Die Popularität der Regierungspartei hatte unter einer Reihe von Korruptionsskandalen zuletzt stark gelitten - so sehr sich Ministerpräsidentin Jadranka Kosor auch bemühte, im Wahlkampf an den Patriotismus der Kroatien zu appellieren. Ihr Herausforderer Zoran Milanovic von der sogenannten "Kurkuriku"-Koalition hielt sich im Wahlkampf zurück. "Der leichteste Teil besteht darin, die Wahl zu gewinnen", sagte er. "Das Land zu reformieren wird viel schwieriger werden."
Das Land unterzeichnet am kommenden Freitag einen Beitrittsvertrag mit der Europäischen Union. Kroatien könnte damit im Juli 2013 als 28stes Land in die EU aufgenommen werden. "In der Europäischen Union stammen die meisten Regierungen aus derselben Parteien-Familie wie wir, die christlich demokratischen Parteien", sagte Kosor. "Darum ist es wichtig, dass die HDZ die Regierung kontrolliert, sobald wir EU-Mitglied werden, weil es extrem wichtig ist, zur Mehrheit am Tisch zu gehören, wo die Entscheidungen getroffen werden."
Ehemaliger Ministerpräsident vor Gericht
Die Konservativen regieren das Land seit dem Krieg in den 90er-Jahren, bei dem Kroatien für seine Unabhängigkeit vom damaligen Jugoslawien kämpfte. Eine Unterbrechung gab es lediglich zwischen 2001 und 2003, als die Mitte-Links-Koalition an der Macht war.
Bei den jüngsten Korruptionsskandalen der HDZ ging es unter anderem um illegale Parteifinanzierung. Der frühere Ministerpräsident und ehemalige HDZ-Vorsitzende Ivo Sanader muss sich derzeit vor Gericht verantworten, weil er vor seinem Rücktritt 2009 Bestechungsgelder in Millionenhöhe kassiert haben soll.
In Slowenien: Bei der Parlamentswahl in Slowenien gibt es möglicherweise einen Überraschungssieger: Nach Auszählung von etwa 40 Prozent der Stimmen erhielt die favorisierte konservative Slowenische Demokratische Partei (SDS) nach Angaben der Wahlkommission nur 25,8 Prozent. In Führung liege mit 29,4 Prozent die Partei Positives Slowenien des früheren Bürgermeisters der Hauptstadt Ljubljana, Zoran Jankovic. Die vorläufigen Ergebnisse vom Sonntagabend bestätigten damit eine Wählerbefragung des Staatsfernsehens.
Die Mitte-links-Regierung des bisherigen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Borut Pahor war im September über Korruptionsvorwürfe und die wirtschaftliche Ungewissheit gestürzt.
Der Sieger der ersten vorgezogenen Parlamentswahl seit der Unabhängigkeit 1991 wird vor schwierigen Aufgaben stehen: Das Land steckt tief in der Euro-Finanzkrise, die Staatsschulden haben 44 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht, die Arbeitslosigkeit ist auf 12 Prozent gestiegen.
"Die wichtigste Aufgabe der neuen Regierung ist der Neustart der Wirtschaft", sagte Staatspräsident Danilo Türk bei der Stimmabgabe.
Die konservative SDS des früheren Ministerpräsidenten Janez Jansa galt auch deshalb als Favorit. In seiner Amtszeit von 2004 bis 2008 hatte Jansa Slowenien erfolgreich in die Eurozone geführt. Vor der Wahl kündigte er Sparmaßnahmen an.