Euro-Rettungsschirm EFSF Zwei-Billionen-Hebel im Gespräch

New York (RPO). Wenige Tage vor dem EU-Gipfel zur Schuldenkrise haben sich Deutschland und Frankreich laut einem Zeitungsbericht auf eine Vervielfachung des Euro-Rettungsschirms EFSF geeinigt. In der schwarz-gelben Koalition wächst die Unruhe. In EU-Kreisen wird heftig dementiert.

Wie die britische Zeitung "The Guardian" am Dienstag unter Berufung auf EU-Diplomaten berichtete, einigten sich die Regierungen der beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone auf das Ziel, den EFSF auf zwei Billionen Euro aufzustocken und damit mehr als das vierfache des derzeitigen Volumens zu erreichen. Derzeit umfasst der Rettungsschirm 440 Milliarden Euro.

Die "Financial Times Deutschland" berichtete, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe die Summe von maximal einer Billion Euro für den Rettungsschirm genannt.

Der Hebel, durch den die Summe erreicht werden soll, soll demnach in Form einer Versicherung für Staatsanleihen kriselnder Eurostaaten in die EFSF-Richtlinien eingebaut werden. Auf den Finanzmärkten ist in diesem Zusammenhang auch immer wieder von einem Kredithebel die Rede.

Bereits am Vortag hatten die Gestalt annehmenden Pläne für einen Kredithebel in den Koalitionsfraktionen von Union und FDP große Unruhe ausgelöst. "Der Haftungsrahmen von 211 Milliarden Euro darf keinesfalls ausgeweitet werden", sagte der FDP-Finanzpolitiker Hermann Otto Solms unserer Redaktion. "Wenn das nicht geschieht, man aber über eine Versicherung versucht, den Kreditrahmen rascher und effizienter auszuschöpfen, sehe ich nicht, warum wir dagegen sein sollten."Schäuble hatte am Dienstag versichert, den Haftungsrahmen nicht anzutasten.

Eine offizielle Stellungnahme der Bundesregierung zu einem möglichen Kredithebel steht bislang aus. Die Unionsfraktion im Bundestag ließ den Bericht der FTD dementieren. Schäuble habe bei der Fraktionssitzung und bei der Fraktionsvorstandssitzung keine Zahl genannt, sondern nur darauf verwiesen, dass in der EU-Kommission Modelle durchgerechnet würden, sagte Fraktionssprecher Ulrich Scharlack am Dienstagabend. Ein anderer Teilnehmer bestätigte, dass die Summe von 1000 Milliarden Euro bei dem Treffen nicht genannt worden sei.

Auch eine Bestätigung für den Bericht des britischen "Guardian" gibt es bislang nicht. Im Gegenteil. Zeitungsberichte, nach denen es eine Einigung über eine Hebelung des EFSF auf zwei Billionen Euro gebe, seien "komplett falsch", sagten mit den Verhandlungen vertraute EU-Offizielle der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires.

Doch so heftig dementiert wird, so läuft doch alles auf die Anwendung eines Kredithebels hinaus - in welcher Höhe auch immer. Entsprechende Gerüchte kursieren seit Tagen. Die Nachrichtenagentur Reuters etwa wollte noch am Dienstag erfahren haben, dass sich im Streit zwischen Deutschland und Frankreich als einzige Lösung das Versicherungsmodell bei der Ausgabe neuer Staatsanleihen abzeichnet. Zudem wurde am Dienstag aufmerksam registriert, dass Schäuble eine weitere Ausdehnung des EFSF nicht dementiert hat.

Schon seitdem Bundestag und Bundesrat die Erweiterung des EFSF Ende September beschlossen haben, geistert der Gedanke, mit einem Kredithebel dessen Kraft zu vervielfachen durch die Welt. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger bezeichnete ihn als alternativlos, der Chef des industrienahen Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, glaubt, er ist "unvermeidbar, wenn man davon ausgeht, dass auch Italien oder Spanien geholfen werden muss".

In der Bundesregierung hatte sich bislang vor allem die CSU gegen einen Hebel ausgesprochen und die Korrektur des Euro-Rettungsschirms mittels Kredithebel strikt abgelehnt. "Das gesamte Haftungsvolumen des Rettungsschirms wurde klar vereinbart. Bei dieser Begrenzung muss es bleiben", sagte Stefan Müller, Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe Anfang Oktober unserer Zeitung. Auch FDP-Chef Philipp Rösler hatte den Hebel abgelehnt.

Nach dem Bericht des "Guardian" gingen die Kurse an der New Yorker Börse am Dienstag nach oben. Während die Börsen zunächst schwächer gestartet hatten, schnellten die Kurse nach der Veröffentlichung des Berichts kurz vor Handelsschluss um mehr als einen Prozentpunkt nach oben.

Der Dow-Jones-Index kletterte um 1,58 Prozent und lag zum Handelsschluss bei 11.577,05 Punkten. Der Technologie-Index Nasdaq stieg um 1,63 Prozent auf 2657,43 Punkte.

(AFP/RP/RTR/csr)
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