Präsident brüskiert Parteien Zeman macht Rusnok zum neuen Ministerpräsident in Tschechien

Prag · Eine Expertenregierung soll Tschechien aus der schweren politischen Krise führen. Präsident Milos Zeman ernannte den Ökonomen und Ex-Finanzminister Jiri Rusnok am Dienstag zum Chef einer Übergangsregierung.

 Jiri Rusnok soll unseren östlichen Nachbarn aus der politischen Krise führen.

Jiri Rusnok soll unseren östlichen Nachbarn aus der politischen Krise führen.

Foto: dpa, Matej Divizna

Der 52-Jährige werde das Land zu neuen Wahlen führen, mindestens aber bis September. "Sie übernehmen die Regierung in sehr schweren Zeiten", sagte Zeman. Rusnok erklärte, er wolle das Vertrauen der Bürger in die Regierung wiederherstellen.

Der Manager eines Pensionsfonds folgt auf den Konservativen Petr Necas, der vor einer Woche nach einem aufsehenerregenden Bespitzelungs- und Bestechungsskandal zurückgetreten war. Nach dem Willen Zemans soll der neue Ministerpräsident nun darüber wachen, dass die Ermittlungen der Polizei wegen mutmaßlicher Korruption zu Ende geführt werden. Mehrere Necas-Vertraute sitzen in Untersuchungshaft.

Politische Gegner Zemans befürchten, dass der Präsident fortan im Hintergrund die Fäden ziehen wird. Als erster direkt gewählter Präsident des Landes versuche Zeman, seine Machtbasis auszuweiten. Eine Beamtenregierung ohne Rückhalt im Parlament zu ernennen, sei ohne Beispiel, kritisierte etwa der Konservative Miroslav Kalousek. "Zeman hat einen verfassungswidrigen Weg eingeschlagen", urteilte sogar der linke Ex-Ministerpräsident Jiri Paroubek.

Das neue Kabinett muss sich innerhalb von 30 Tagen der Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus in Prag stellen. Neuwahlen im Herbst sind möglich, wenn die Parlamentskammer mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit die Selbstauflösung beschließt. Dafür plädieren die Sozialdemokraten. Sie nannten die Expertenregierung eine "Sackgasse". Die nächste reguläre Wahl wäre erst im Mai 2014.

Zeman brüskiert die etablierten Parteien

Zeman hat mit seiner Entscheidung die bisherigen Regierungsparteien vor den Kopf gestoßen. Die konservative Spitzenpolitikerin Miroslava Nemcova hatte zuletzt noch einmal an Zeman appelliert, ihr den Regierungsauftrag zu erteilen. "Ich bin überzeugt, dass weder die Mehrheit der Bevölkerung noch meine Wähler sich das wünschen würden", erwiderte der linksgerichtete Zeman.

Nemcova präsentierte eine Liste von 101 Abgeordneten, die ihre Unterstützung für eine Fortsetzung der Mitte-Rechts-Koalition zugesagt hatten. "Hier entsteht eine Regierung aus Kameraden von Milos Zeman, die im Abgeordnetenhaus keine Mehrheit finden wird", kritisierte der TOP09-Politiker Miroslav Kalousek scharf.

"Diese Regierung ist wie eine Feuerwehr, die einen von Anderen gelegten Brand löschen muss", verteidigte Zeman seine Entscheidung. Rusnok kündigte an, innerhalb von 14 Tagen die Ministerposten mit Fachleuten zu besetzen. Als wichtigste Aufgaben bezeichnete er die Ausarbeitung des Haushalts für 2014 und die finanzielle Hilfe für Opfer der jüngsten Hochwasser-Katastrophe.

(dpa/felt)
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