Propaganda-Zeitschrift auf Deutsch Islamisten werben um deutsche Akademiker

Düsseldorf · Erstmals ist eine islamistische Zeitschrift in deutscher Sprache erschienen. Darin werden Ingenieure und Richter aufgerufen, sich den IS-Terrorkämpfern in Syrien und im Irak anzuschließen. IS droht mit Anschlägen in Deutschland.

 Die islamistische Zeitschrift "Dabiq" gibt es jetzt auch auf Deutsch.

Die islamistische Zeitschrift "Dabiq" gibt es jetzt auch auf Deutsch.

Foto: C. Schnettler

Die aktuelle Titelgeschichte der radikalen islamistschen Zeitschrift "Dabiq" lautet "Die Rückkehr der Khilafah". Darin geht es um die Errichtung eines sunnitischen Gottesstaates. Es wird aufgerufen zum weltweiten Kampf gegen die Ungläubigen.

Anders als sonst werden dafür nicht Kämpfer für die Front gesucht, sondern erstmals deutsche Akademiker, die in den Irak und nach Syrien reisen sollen, um die Menschen dort in der islamistischen, menschenverachtenden Lehre der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) auszubilden und gleichzeitig zu einer besseren Struktur innerhalb der Terrorgruppe beizutragen. "Wir rufen speziell die Gelehrten, besonders die Richter und die Leute mit militärischen- und behördlichen- sowie Dienstleistungssachkenntnissen sowie Doktoren und Ingenieure in allen verschiedenen Fachgebieten und Bereichen auf, sich uns anzuschließen", heißt es in einem Appell.

Zum ersten Mal ist die radikale Propagandazeitung "Dabiq" in diesem Monat im Internet auf Deutsch erschienen. Hinter dem Magazin steckt die Terrorgruppe IS. Bislangwar das Magazin nur auf Englisch und an Kiosken in Teilen der arabischen Welt erhältlich. Herunterzuladen ist die Ausgabe in Deutschland nun für jedermann und kostenlos als PDF-Datei auf der Internetseite des "al-hayat Mediencenters". Es ist ein 50-seitiges Hochglanzmagazin, das mit martialischen Bildern von Schlachtfeldern daherkommt wie eine Werbung für einen Actionfilm a la Hollywood. Zu sehen sind Kollagen von verwundeten amerikanischen Soldaten, die in Flammen aufgehen, von siegreichen islamistischen Truppen, die triumphierend durch irakische Straßen ziehen, von Hinrichtungen.

Der Verfassungsschutz stuft das Magazin als gefährliches Propagandainstrument ein. "Dass es jetzt auf Deutsch erscheint, zeigt, dass die IS-Terroristen davon ausgehen, dass hier viele Menschen leben, die sich von ihrer Ideologie angesprochen fühlen", meint ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes. Tatsächlich ist die Zahl der Islamisten, die aus Deutschland in das Bürgerkriegsland Syrien ausgereist sind, in den vergangenen Wochen weiter gestiegen.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, erklärte am Donnerstag, dass er mittlerweile von über 400 Ausreisen solcher Personen wüsste. Viele davon aus NRW. Einer der gefährlichsten ist Silvio K. Der 27-jährige Konvertit, der zuletzt in Solingen wohnte und dem verbotenen salafistischen Millatu-Ibrahim-Verein angehörte, droht in einer Internetbotschaft mit einem Terroranschlag auf das amerikanische Atomwaffenlager auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel. Das berichtet die Essener Funke-Mediengruppe.

Die Sicherheitsmaßnahmen rund um den Militärstützpunkt wurden daraufhin verschärft. "Wir müssen diese Drohungen ernst nehmen", sagt Peter Biesenbach, Sicherheitsexperte der CDU-Landtagsfraktion. "Deutschland ist nach wie vor ein Anschlagsziel für diese Terroristen. Das muss uns immer klar sein." Der integrationspolitische Sprecher und stellvertretende Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Joachim Stamp, erklärt: "Die steigende Anzahl von Islamisten aus Deutschland, die für IS Kriegsverbrechen begehen, ist eine akute Bedrohung für uns."

Als eine Keimzelle für den islamistischen IS-Terror gilt unter anderem die sogenannte "Lohberger Gruppe", benannt nach einem Dinslakener Stadtteil. Mehrere Mitglieder sollen in Syrien oder dem Irak kämpfen. Einer ihrer Anführer ist unbestätigten Quellen zufolge möglicherweise bei einem Selbstmordanschlag im Irak ums Leben gekommen. Dabei soll er 20 Menschen mit in den Tod gerissen haben.

Die größte Sorge bereiten den Sicherheitsbehörden aber nach wie vor die Terroristen, die aus den Bürgerkriegsgebieten nach Deutschland zurückkehren. "Radikalisierte, verrohte und militärisch erfahrene Rückkehrer stellen für die Bundesrepublik ein unabsehbares Sicherheitsrisiko dar", erklärt Stamp. Von dieser Personengruppe gehe auch die Gefahr für das US-Atomwaffenlager bei Koblenz in der Eifel aus. Dem Verfassungsschutz liegen Erkenntnisse von bislang 25 solcher Islamisten vor, die wieder in Deutschland sind. Ob einige von ihnen auch an einer Massenschlägerei in Herford beteiligt gewesen sind, wollte der Verfassungsschutz nicht sagen. Dort lieferten sich vorgestern Abend in der Innenstadt rund 300 Jesiden (eine kurdische Minderheit) mit Muslimen, Salafisten und Anhängern der Terrorgruppe IS eine Straßenschlacht. Es flogen Flaschen, Steine und Holzplatten. Vorausgegangen war eine Messerattcke von Muslimen auf einen Jesiden, die im Irak gerade von der Terrorgruppe IS verfolgt und getötet werden. "Diese Konflikte aus dem Irak schwappen zu uns nach NRW über", betont Biesenbach.

(RP)
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