Mohammed-Karikaturen Zehn Tote bei Protesten - Italienischer Minister zurückgetreten

Tripolis/Rom (rpo). Die Demonstrationen gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen werden immer gewalttätiger. Am Freitag wurden vor dem italienischen Konsulat in Bengasi von der libyschen Polizei mindestens zehn Protestierende erschossen. Ausgelöst wurden die Ausschreitungen offenbar von einem TV-Auftritt des italienischen Reformministers Roberto Calderoli. Der hat jetzt als Konsequenz seinen Rücktritt eingereicht.

Das meldete die italienische Nachrichtenagentur ANSA. Calderoli war im Fernsehen mit einem T-Shirt aufgetreten, auf dem die umstrittenen Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed aufgedruckt waren. Sein Auftritt löste in Libyen heftige Proteste aus, bei denen am Freitag mindestens zehn Menschen ums Leben kamen.

Calderoli erklärte laut ANSA, er habe seinen Rücktritt eingereicht, um "die schändliche Ausnutzung zu stoppen, die in diesen Stunden gegen mich gerichtet worden ist". Nach seinem Fernsehauftritt am Freitag hatten libysche Demonstranten Feuer an das italienische Konsulat in Bengasi gelegt. Daraufhin schossen libysche Polizisten in die Menge und töteten zehn Menschen.

Wegen der tödlichen Schüsse wurde am Samstag der libysche Innenminister Nasr al Mabruk suspendiert. Das teilte das Parlamentssekretariat in Tripolis mit.

Ministerpräsident Silvio Berlusconi forderte den Politiker der rechtsgerichteten Lega Nord zum Rücktritt auf. Calderoli hatte angekündigt, er werde ein T-Shirt mit Karikaturen Mohammeds tragen und war am Freitag dann tatsächlich mit einem solchen T-Shirt im staatlichen Fernsehen RAI zu sehen gewesen. Calderolis Ankündigungen hatten in Libyen für großes Aufsehen gesorgt.

Die Demonstranten in Bengasi warfen Steine und Flaschen auf das Konsulatsgebäude und legten anschließend Feuer. Die Polizei schoss mit scharfer Munition und Tränengas auf die mehr als 1.000 Menschen. Trotzdem dauerte es rund sechs Stunden, bis sie die Menge aufgelöst hatten.

Ein italienischer Diplomat sprach von zehn Toten - alle seien Libyer. Die Behörden vor Ort bezifferten die Zahl der Toten und Verletzten auf insgesamt elf, darunter auch Polizisten. Genauere Angaben machten sie nicht. Das italienische Konsulat ist die einzige westliche Vertretung in Bengasi. In der Hauptstadt Tripolis gab es keine Demonstrationen vor der italienischen Botschaft.

Unterdessen erklärte Ministerpräsident Berlusconi, man habe die Büros der Lega Nord in Italien unter besonderen Schutz gestellt. Berlusconis Büro veröffentlichte am späten Freitagabend eine Erklärung, in der das Verhalten von Calderoli als unvereinbar mit dessen Posten bezeichnet wurde. Es stehe zudem in Kontrast zu der Haltung der italienischen Regierung. Deswegen habe man ihn aufgefordert, seinen Rücktritt anzubieten.

Der frühere EU-Kommissionspräsident und jetzige Oppositionsführer Romano Prodi machte Calderoli mit für die gewaltsamen Proteste in Libyen verantwortlich. Calderoli selbst sagte der Nachrichtenagentur ANSA, er werde zurücktreten, nachdem er ein Signal von der islamischen Welt bekommen habe, dass eine solche Geste hilfreich sei.

In der ostpakistanischen Kleinstadt Chaniot schoss die Polizei am Samstag auf Demonstranten, die bei ihrem Protest gegen die Karikaturen versuchten, Geschäfte in Brand zu setzen. Polizisten seien mit Steinen beworfen worden, sagte ein Polizeisprecher in dem Ort, der 300 Kilometer nordöstlich von Multan liegt.

Ein Krankenhausarzt teilte mit, vier Personen seien mit Schussverletzungen eingeliefert worden, zwei davon befänden sich im kritischen Zustand. Bei Demonstrationen gegen die zuerst in einer dänischen Zeitung veröffentlichten Karikaturen wurden in der vergangenen Woche mindestens fünf Menschen in Pakistan getötet.

(ap)
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