"Abschreibung griechischer Schulden kein Thema" Schäuble lässt Varoufakis abblitzen

Berlin · Offener Dissens zwischen Deutschland und Griechenland: Derzeit gibt es keinen gemeinsamen Nenner bei der Strategie zur Abwendung eines Staatsbankrotts des südosteuropäischen Eurolands.

 Der neue griechische Finanzminister Yanis Varoufakis (rechts) spricht mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Der neue griechische Finanzminister Yanis Varoufakis (rechts) spricht mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Foto: ap

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mit seinem griechischen Kollegen Gianis Varoufakis in Berlin, sie stimmten darin überein, dass sie nicht übereinstimmten. Eine Abschreibung griechischer Schulden sei derzeit kein Thema, erklärte Schäuble. Genau das will die neue griechische Regierung erreichen. Schäuble bot erneut Hilfe an, Athen bei der Stärkung seines Fiskus zu helfen. Einige Schritte der linken Regierung gingen in die richtige Richtung, etwa die Reichen zur Zahlung ihrer Steuerschulden zu veranlassen und die Korruption zu bekämpfen. Andere Maßnahmen gingen dagegen nicht unbedingt in die richtige Richtung, fügte er hinzu.

In Athen unterstrich ein Regierungssprecher unterdessen, dass ungeachtet des Drucks durch die Europäische Zentralbank an der Anti-Spar-Agenda festgehalten werde. Griechenland wende beim Versuch, seine Gläubiger auf seine Seite zu bringen, keine Erpressung an, sagte Regierungssprecher Gavriil Sakellaridis. Allerdings werde man sich auch nicht erpressen lassen.

Die EZB hatte am Mittwochabend angekündigt, dass griechische Banken künftig nicht mehr billig Geld von ihr leihen dürfen, indem sie griechische Staatsanleihen mit Schrottstatus als Sicherheit benutzen. Bisher hatte die EU-Finanzinstitution die Sonderregelung zugelassen, weil Griechenland durch die Hilfspakete über einen finanziellen Rettungsring verfügte. Allerdings läuft das Programm zum 28. Februar aus.

Die Athener Börse erlitt angesichts der EZB-Ankündigung einen Kurssturz. Zeitweise fielen die Aktienpreise um bis zu zehn Prozent, stabilisierten sich dann aber bei einem Verlust von 6 Prozent.

Der EZB-Warnschuss

Von 11. Februar an können griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheit für EZB-Kredite genutzt werden, wie die Währungshüter am Mittwochabend mitteilten. Es sei nicht sicher, dass die Überprüfung von Athens Spar- und Reformprogramm erfolgreich abgeschlossen werde.

An den Finanzmärkten sorgte der EZB-Beschluss für große Verunsicherung. Es ist ein schwerer Schlag für die griechischen Banken, die am Geldtropf der EZB hängen. Sie können zwar weiter auf Notkredite der griechischen Zentralbank zurückgreifen. Diese sind aber höher verzinst als Geld von der EZB und damit teurer.

Athen befürchtet dem Vernehmen nach Panik-Reaktionen und reagierte empört. Ein Regierungssprecher sagte im griechischen Fernsehen: "Wir lassen uns nicht erpressen." Das Finanzministerium erklärte, Athen werde seine Politik fortsetzen, das harte Sparprogramm zu beenden.

Athen macht vor allem Deutschland für harte Sparauflagen verantwortlich. Varoufakis hatte am Mittwoch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Art Wiederaufbauplan gefordert, wie ihn die USA nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Marshallplan aufgelegt hatten. Zugleich versicherte er mehrfach, dass sein Land nicht zur Schuldenpolitik früherer Jahre zurückkehren wolle.

Umschuldung oder doch Schuldenschnitt?

Die Tsipras-Regierung strebt Erleichterungen bei der hohen Schuldenlast an. Von der Forderung eines harten Schuldenschnitts, den die Europartner ablehnen, war Athen zuletzt abgerückt und hatte stattdessen eine weitere Umschuldung ins Gespräch gebracht. Wenn Ende des Monats das EU-Hilfsprogramm ausläuft, könnten sich die Kassen des Landes und seiner Banken schnell leeren.

Der CDU-Wirtschaftsrat warnte davor, vom harten Kurs gegenüber Athen abzurücken. "Entweder kassiert Tsipras seine Wahlversprechen oder er führt Griechenland in die Insolvenz", sagte Verbandspräsident Kurt Lauk der dpa. Schäuble werde Varoufakis klarmachen, "dass eine neue Regierung nicht die Regeln für ungültig erklären kann, die die Vorgängerregierung vereinbart hat".

Seit der Wahl vor knapp zwei Wochen regiert Tsipras' Bündnis der radikalen Linken (Syriza) gemeinsam mit der rechtspopulistischen Partei der Unabhängigen Griechen (AN.EL.). Beide haben zusammen eine klare Mehrheit von 162 Mandaten. Am Vormittag wurde das neue griechische Parlament in Athen vereidigt.

Der Eurokurs rutschte nach dem EZB-Beschluss unter 1,14 US-Dollar. Mit der bis dahin guten Stimmung war es auch an den Aktienmärkten vorbei, die Wall Street drehte ins Minus, auch die Börse in Tokio gab nach. Der Dax gab am Donnerstag kurz nach Handelsstart um 0,64 Prozent auf 10 841,23 Punkte nach.

Es wurde erwartet, dass die neuen Griechenland-Turbulenzen auch bei der Vorlage des Winter-Konjunkturgutachtens der EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel eine Rolle spielen.

(dpa)
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