Krise in der Ukraine Putin schießt gegen Obama und stellt Irak-Vergleich an

Warschau · US-Präsident Barack Obama warnt Russland unmissverständlich vor einer militärischen Bedrohung eines Nato-Staates in Ost- und Mitteleuropa. Putin dagegen spottete über den Westen und stellte einen Vergleich mit der Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak an.

US-Präsident Barack Obama und der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko in Warschau.

US-Präsident Barack Obama und der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko in Warschau.

Foto: dpa, ukit bjw

Der russische Präsident Wladimir Putin verlangt von den USA Beweise für den Vorwurf, Gegner der ukrainischen Übergangsregierung im Osten des Landes militärisch zu unterstützen. Im französischen Rundfunk entgegnete der Kreml-Chef am Mittwoch auf den Hinweis eines Journalisten, die USA hätten von "Beweisen" für Waffenlieferungen und Hilfskämpfer für die prorussischen Kräfte im Nachbarland gesprochen: "Beweise? Dann sollen sie die auch zeigen!"

Es gebe "weder russische Soldaten noch 'russische Berater' in der Ukraine - und es hat dort nie welche gegeben". In dem Interview mit dem Fernsehsender TF1 und Radio Europe1 verwies Putin darauf, dass die USA schon zur Begründung ihrer Militärintervention im Irak im UN-Sicherheitsrat "mit einem Reagenzrohr mit Waschmittel herumgefuchtelt" und darauf beharrt hätten, dass Massenvernichtungswaffen entdeckt worden seien. "Letztlich sind US-Truppen in den Irak einmarschiert, (Machthaber) Saddam Hussein wurde gehängt, und später kam heraus, dass es niemals Massenvernichtungswaffen im Irak gegeben hat."

Zugleich signalisierte Putin seine Bereitschaft, den gewählten ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko am Rande der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie am Freitag zu treffen. Auf die Frage, ob er seinem Gegenpart begegnen und die Hand schütteln werde, sagte der Kreml-Chef: "Ich habe nicht vor, irgendjemanden zu meiden." Es werde mehrere Gäste des Festakts zum D-Day geben, und er werde keinem von ihnen aus dem Weg gehen. "Ich werde mit ihnen allen sprechen", sagte Putin. Poroschenko hatte seinerseits nicht ausgeschlossen, dass er in der Normandie auch Putin treffen könne.

Obama warnt Russland vor Aggression gegen NATO-Alliierte

Angesichts der Annexion der Krim durch Russland hatte US-Präsident Barack Obama bei seinem Besuch in Warschau die vertraglich geregelten Bündnispflichten der Nato beschworen: "Artikel 5 ist eindeutig - ein Angriff gegen einen ist ein Angriff gegen alle." Er fügte hinzu: "Als Alliierte haben wir die ernste Pflicht - eine bindende Vertragsverpflichtung - unsere territoriale Integrität zu verteidigen." Obama hatte am Vortag schon angekündigt, eine Milliarde Dollar (etwa 735 Millionen Euro) mobilisieren zu wollen, um befristet zusätzliche US-Truppen im einst kommunistischen Machtbereich Moskaus zu stationieren. Bis zum Gipfel der führenden westlichen Industriestaaten (G7) am Mittwochabend in Brüssel gab es vom US-Präsidenten kein öffentliches Zeichen, das Gespräch mit Putin suchen zu wollen.

Putin zu Dialog bereit?

Putin reagierte darauf mit Unverständnis. "Es ist seine Entscheidung, ich bin bereit zum Dialog", sagte er in am Mittwoch ausgestrahlten Auszügen aus einem Interview der französischen Sender Europe 1 und TF1. Er hoffe, dass die aktuelle Situation keine neue Etappe des Kalten Krieges darstelle. Obamas engste europäische Verbündete - Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron - werden hingegen mit Putin in Paris und bei der Feier in der Normandie den Dialog suchen.

Die Bundeskanzlerin unterstrich bei der Ankunft in Brüssel die Entschlossenheit des Westens, notfalls weitere Strafmaßnahmen gegen Russland zu verhängen. "Die Gruppe der G7 hat sehr gut zusammengehalten in den vergangenen Wochen", sagte sie. Man sei zum Dialog mit Russland bereit, allerdings müsse der Kreml die Lage spürbar entschärfen. Die G7 werde "auch wieder deutlich machen, wenn das alles nicht hilft, dass dann auch weiter Sanktionen im Raum stehen."

Obama nannte den Anschluss der Krim an Russland unannehmbar. "Wir werden diese Annexion niemals akzeptieren", sagte er zum Gedenken an die ersten teilweise freien Wahlen in Polen am 4. Juni 1989. Das Votum wurde zu einem Triumph für die polnische Bürgerrechtsbewegung und die Gewerkschaft Solidarnosc. Freiheit sei ein kostbares Gut, für das die Länder Ost- und Mitteleuropas einen hohen Preis hätten zahlen müssen. "Polen und auch Litauen und Rumänien werden niemals alleine stehen", sagte der Präsident. Vielmehr stünden an ihrer Seite mit den USA die stärkste Militärmacht der Welt und mit der Nato eine unzerstörbare Allianz.

"Das sind nicht nur Worte, das sind unverbrüchliche Verpflichtungen", rief Obama. Die Stärke der Nato richte sich aber nicht als Bedrohung gegen ein anderes Land. Das sieht Putin völlig anders. Harsch kritisierte er die Politik Washingtons: "Es ist kein Geheimnis, dass die amerikanische Politik die aggressivste und härteste ist." Merkel hatte zuvor in einer Regierungserklärung in Berlin klar gemacht, dass Putin endlich seinen Einfluss in der Ostukraine geltend machen müsse, um Gewalt und Einschüchterung durch prorussische Separatisten Einhalt zu gebieten.

(DEU)
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