Separatisten berichten von weiteren Kämpfen Putin ist eine Feuerpause nicht genug

Der ukrainische Präsident Poroschenko will den Osten des Landes mit einem Friedensplan zur Ruhe bringen. Russlands Wladimir Putin begrüßt den Ansatz, fordert aber jetzt weitere konkrete Taten. Separatisten berichten von weiteren Kämpfen.

Ukraine: Die ersten Amtstage von Präsident Poroschenko
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Foto: dpa, ukit pt sab ink

Russland hat die einseitige Feuerpause im Ukraine-Konflikt begrüßt, drängt aber auf einen Dialog der Kiewer Führung mit den Separatisten. "Ohne praktische Taten, die auf den Beginn eines Verhandlungsprozesses gerichtet sind, wird der Plan unrealistisch und nicht lebensfähig sein", betonte Kremlchef Wladimir Putin am Samstag in Moskau in einer ersten öffentlichen Reaktion auf den Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Alle Seiten sollten die einwöchige Waffenruhe zum Dialog nutzen, sagte er.

Der Westen hatte Russland zuvor aufgefordert, Poroschenkos Plan für den umkämpften Osten des Landes zu unterstützen. Kanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso riefen beide Seiten auf, die seit Freitagabend geltende Feuerpause einzuhalten.

Auch US-Präsident Barack Obama und sein französischer Kollege François Hollande begrüßten die Initiative, die nicht nur bei Separatisten, sondern auch im ukrainischen Militär umstritten ist.

Nach Darstellung der Aufständischen dauern die blutigen Kämpfe in der Ostukraine trotz der angeordneten Waffenruhe an. "In Slawjansk gehen die Kampfhandlungen weiter", sagte der selbst ernannte Premierminister der von Kiew nicht anerkannten "Volksrepublik Donezk", Alexander Borodaj, der Agentur Interfax zufolge. Poroschenko habe "einmal mehr sein Versprechen einer Feuerpause nicht gehalten".

Wer die prorussischen Kräfte angegriffen haben soll, sagte Borodaj nicht. Medien zufolge kämpfen in der Region auch regierungsnahe Ultranationalisten des Rechten Sektors. Poroschenko hatte in seinem Erlass über die einwöchige Feuerpause Waffengewalt seitens der Regierungstruppen nur zu Verteidigungszwecken zugelassen.

Der 15-Punkte-Plan des Staatschefs sieht unter anderem vor, dass die Aufständischen die Waffen niederlegen und besetzte Gebäude in den Gebieten Lugansk und Donezk freigeben. Zudem müssten Gefangene und Geiseln freigelassen werden, darunter seit Wochen festgehaltene Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Mit der Initiative seien die Voraussetzungen für eine Entspannung und zur Aufnahme von Verhandlungen erfüllt, stellten Hollande und Obama bei einem Telefonat fest. Sollte es dabei keinen Fortschritt geben, würden neue Maßnahmen gegen Russland erörtert werden, hieß es.

Die EU-Außenminister werden sich am Montag in Luxemburg mit der Lage in der Ukraine befassen. Entscheidungen über eine mögliche Verhängung von Wirtschaftssanktionen werden dabei jedoch nicht erwartet. Ob die EU-Staats- und Regierungschefs beim Gipfel am Freitag in Brüssel über Sanktionen entscheiden, hänge von der Lage in der Ukraine ab: "Wir tun alles, damit wir uns die Frage nicht stellen müssen", sagte ein Diplomat unter Hinweis auf die Suche nach einer politischen Lösung.

Die Kanzlerin sei überzeugt, "dass es jetzt an der Zeit ist, eine politische Lösung zu finden und dass der vom ukrainischen Präsidenten vorgelegte Friedensplan eine sehr gute Grundlage dafür bildet", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Außenminister Frank-Walter Steinmeier rief Russland zur Unterstützung auf. "Es kommt jetzt darauf an, dass auch Russland kooperiert", sagte Steinmeier in Istanbul. Moskau müsse seinen Einfluss auf die prorussischen Separatisten geltend machen und dazu beizutragen, "die Grenze zwischen Russland und der Ukraine dichter zu machen".

Der russische Außenminister Sergej Lawrow kritisierte den Friedensplan scharf. Das Papier enthalte keine Aufforderung zum Dialog und sei in einigen Punkten im Ton eines Ultimatums abgefasst, sagte Lawrow. Die Initiative sei eine "radikale Abweichung" auch von den Genfer Friedensvereinbarungen im Ukraine-Konflikt.

Für Aufsehen sorgten Meldungen, wonach Putin die Gefechtsbereitschaft der Streitkräfte in Zentralrussland überprüfen lässt. Dabei geht es jedoch um eine standardmäßige Überprüfung. Bei Manövern werde zwischen dem 21. bis 28. Juni die Kampfbereitschaft der Armee im Zentralen Verteidigungsbezirk Russlands überprüft, teilte Verteidigungsminister Sergej Schoigu der Agentur Interfax zufolge mit. Der Ort des Manövers im Wehrbezirk Tscheljabinsk am Ural an der Grenze zu Sibirien liegt Tausende Kilometer von der russisch-ukrainischen Grenze entfernt.

Moskau stand zuletzt wegen Manövern und Truppenkonzentrationen an der Grenze zur Ostukraine in der Kritik. Die Ukraine hatte Russland vorgeworfen, durch die Truppenpräsenz den Konflikt in der früheren Sowjetrepublik anzuheizen.

Der Friedensplan Poroschenkos stößt auch beim eigenen Militär auf Kritik. Die einseitige Feuerpause für die ukrainischen Truppen sei ein "strategischer Fehler", sagte der Kommandeur des Bataillons "Asow", Andrej Bilezki, dem Internetkanal Gromadske.TB. Für einen solchen Schritt hätten aus Sicht des Kommandeurs erst die Grenzen zu Russland geschlossen werden müssen, damit ein weiteres Einsickern von "Terroristen" aus Russland verhindert werden könne.

(dpa)
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