Nadeschda Tolokonnikowa von „Pussy Riot“ „Wir wollen Revolution“

Düsseldorf · Nadeschda Tolokonnikowa, Anführerin der Punkband "Pussy Riot", erklärt den Prozess gegen die Band in einem Interview zu einem wichtigen Schritt im Kampf gegen Putin. Aus dem Gefängnis heraus macht sie erneut Kritik am Kreml laut, fordert Revolution und nennt Putins Macht einen Trugschluss.

 Nadeschda Tolokonnikowa, Frontfrau der russischen Punkband "Pussy Riot".

Nadeschda Tolokonnikowa, Frontfrau der russischen Punkband "Pussy Riot".

Foto: afp, ALEXANDER NEMENOV

"Ich liebe Russland, aber ich hasse Putin", sagt Nadeschda Tolokonnikowa im Interview mit dem Magazin Der Spiegel. Obwohl die Punkband zu zwei Jahren Haft im Strafgefangenenlager Nummer 6 im Südosten Moskaus verurteil wurde, ist ihr Kampfgeist ungebrochen."Untern Strich denke ich, dass der Prozess gegen uns wichtig war, weil er das wahre Gesicht des Systems Putin zeigte. Dieses System hat ein Urteil über sich selbst gesprochen — indem es uns zu zwei Jahren Haft verurteilte, ohne dass wir ein Verbrechen begangen haben. "

Über dieses Ergebnis freue sich Tolokonnikowa, macht aber auch deutlich, dass es noch viel zu tun gibt. "Ich kämpfe dafür, dass meine Tochter in einem freien Land aufwächst." Dafür wolle "Pussy Riot" eine Revolution in Russland auslösen. "Ich will vernichten, was ich für die schlimmsten Übel halte. Ich tue dies indem ich meine freiheitlichen und feministischen Ideen umsetze."

Ihre Inhaftierung betrachtet Tolokonnikowa nicht als Anlass zur Reue, sondern vielmehr als eine gewonnene Schlacht in ihrem Krieg gegen Putin. "Der Prozess gegen uns offenbart den repressiven Charakter des Regimes", sagt sie in dem Interview. " Das System Putin zerfällt. Es taugt nicht für das 21. Jahrhundert, es erinnert vielmehr an Stammesgesellschaften und diktatorische Regime der Vergangenheit.

"Die Allmacht Putins ist ein Trugbild"

Davon, dass Putin auf lange Sicht besiegbar ist, ist Tolokonnikowa fest überzeugt."Die Allmacht Putins ist ein Trugbild", sagt sie. "Tatsächlich ist der Präsident klein und armselig." Denn Putins Propagandamaschine übertreibe die Machtfülle des Präsidenten. "Putin ist vom Westen etwa im gleichen Maße abhängig, wie der Westen daran interessiert ist, das Ausmaß seiner Macht aufzubauschen. In Putins hartem Durchgreifen gegen "Pussy Riot" sieht Tolokonnikowa das beste Beispiel für seine wahre Schwäche, denn "wie kann es einem Führer, der sich seiner sicher ist, in den Kopf kommen, so gegen drei junge Oppositionsaktivistinnen vorzugehen?"

"Pussy Riot ist niemals gegen die Religion aufgetreten"

Dass sie mit ihren Aktionen, wie etwa dem Punkgebet in der Erlöserkirche auch den religiösen Glauben vieler Russen verletzten, täte Tolokonnikowa leid. "Pussy Riot" ist niemals gegen die Religion aufgetreten", sagt sie "Erst Putins Ideologen haben uns das Etikett des religiösen Hasses angehängt."

Die Zukunft bleibt unklar

Andere Zukunftspläne als an ihrer Revolte fest zuhalten, schmiede Tolokonnikowa bislang nicht. "Sich darüber Gedanken zu machen, solange dieses autoritäre System existiert — das ist ja sinnlos." Vor einem Leben im Straflager habe sie keine Angst. Darauf, ob sie auf Strafmilderung durch das laufende Berufungsverfahren hoffe, entgegnet sie nur, dass sei ihr egal.

Pussy Riot waren zu zwei Jahren Haft verurteilt worden, nachdem die drei Frauen am 21. Februar in der Erlöserkirche in Moskau mit dem Song "Mutter Gottes, vertreibe Putin" gegen Putins Rückkehr an die Regierungsspitze protestiert hatten. Zur Zeit sitzen die drei Musikerinnen ihre Strafe im Untersuchungsgefängnis Nummer 6 in Moskau ab.

(das/csr)
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