Premierminister fordert harte Strafen Wieder Randale in Pariser Vorstädten

Paris (RPO). In Pariser Vorstädten flackert neue Gewalt auf. Zum zweiten Mal in dieser Woche haben Jugendliche in der Nacht zum Donnerstag einen Linienbus in Brand gesetzt. Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin forderte eine harte Bestrafung der Täter.

Wieder Randale in Pariser Vorstädten
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"Wir werden in unserem Land keine rechtsfreien Zonen dulden", sagte Villepin am Donnnerstag in Cergy nordwestlich der Hauptstadt vor dem ersten Jahrestag des Beginns der landesweiten Vorstadt-Unruhen in Frankreich. Für die Autoren der jüngsten Übergriffe müsse es "sofortige und exemplarische Strafen" geben.

Villepin wies Vorwürfe zurück, seine Regierung habe im vergangenen Jahr zu wenig getan, um die soziale Lage für die Bewohner der Vorstädte zu verbessern. "Ich höre hier und da, dass nichts für die Vorstädte getan wurde, dass sich nichts geändert habe. Das kann ich nicht akzeptieren", sagte der Premierminister. "Natürlich werden nicht alle Probleme an einem Tag gelöst. Aber die Regierung hat ein gründliches Vorgehen eingeleitet, ein auf lange Sicht angelegtes Vorgehen, durch das wir die ersten Wirkungen sehen."

Villepin erinnerte daran, dass hundert Millionen Euro nach der Krise für die Arbeit von sozialen Organisationen und Verbänden zur Verfügung gestellt wurden. Diese Summe werde auch im kommenden Jahr fortgeschrieben. Zudem habe sich der Staat verpflichtet, bis 2013 insgesamt 35 Milliarden Euro für die Stadtsanierung auszugeben, um die Lebensbedingungen in den Vorstädten zu verbessern. Und um gegen die dort herrschende hohe Jugendarbeitslosigkeit vorzugehen, sei unter anderem die Vermittlung durch die Arbeitsagenturen verstärkt worden.

Busse brennen in Vorstädten

Unmittelbar vor dem ersten Jahrestag der Vorstadtunruhen in Frankreich hatten die Spannungen in Umland von Paris weiter zugenommen. In Bagnolet im Département Seine-Saint-Denis griffen in der Nacht zum Donnerstag ein dutzend Vermummte einen Bus an, wie die Verkehrsgesellschaft RATP mitteilte. Fünf von ihnen waren demnach mit Pistolen bewaffnet. Sie zwangen den Fahrer und die Passagiere in der Stadt nordöstlich von Paris zum Aussteigen und setzten das Fahrzeug in Brand. Niemand wurde verletzt.

Auch in Nanterre westlich von Paris wurde ein Bus angezündet. Laut dem Busfahrer warfen Vermummte am Mittwochabend an einer Haltestelle einen Brandsatz in das Fahrzeug. Der Fahrer und die Fahrgäste konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen.

Zu Ausschreitungen kam es am Mittwochabend erneut in Grigny südwestlich der Hauptstadt. Rund 50 Jugendliche warfen gegen 20.30 Uhr in dem Viertel Grande Borne Steine auf vorbeifahrende Autos auf einer Nationalstraße, wie die Polizei mitteilte. Nach dem Anrücken der Bereitschaftspolizei zogen sie sich zurück. Ein AFP-Journalist vor Ort berichtete von einem in Brand gesetzten Auto. Laut Polizei hatten die Angreifer vergeblich versucht, sich eines Linienbusses zu bemächtigen. Es gab keine Festnahmen. Bereits am Sonntagnachmittag war es in Grande Borne zu Gewalttaten gekommen. Dabei war ein Bus und weitere Fahrzeuge in Brand gesetzt worden.

Erst am Sonntag hatten Jugendliche einen Bus in Grigny überfallen und in Brand gesetzt. Später bewarfen sie die Feuerwehrleute mit Steinen. Mittwoch wurde in einem Bus eine Tränengasgranate gezündet. Auch seien Busfahrer in Problemvierteln wiederholt bedroht worden sagte der Präsident der Gesellschaft Transports Intercommunaux Essonniens (TICE), Stéphane Beaudet, am Abend dem Radiosender France Info.

Busverkehr nachts eingestellt

Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie sagte, die jüngsten Vorfälle zeigten, dass "man töten wolle". Die Übergriffe gingen auf das Konto eines "harten Kerns", die überwiegende Mehrheit der Menschen in den Vorstädten wolle friedlich und in Sicherheit leben, sagte Alliot-Marie dem Sender I-télé.

Der Busverkehr wird jetzt bereits mit Anbruch der Dunkelheit eingestellt. Außerdem soll die Linienführung so geändert werden, dass Siedlungen mit besonders hohem Gewaltpotenzial nicht mehr angefahren werden.

In "sensiblen Bereichen" der Vorstädte Essonne, Grigny, Evry und Corbeil-Essonnes wurden am Mittwochabend Bereitschaftspolizisten stationiert, wie die Präfektur von Essone mitteilte.

Am Freitag jährt sich der Beginn der landesweiten Vorstadt-Krawalle, die Paris im November 2005 zur Verhängung des Ausnahmezustands gezwungen hatten. Mehr als 9000 Fahrzeuge gingen damals während der drei Wochen dauernden Unruhen in Flammen auf; fast 3000 mutmaßliche Randalierer wurden festgenommen. Der Polizeigeheimdienst Renseignements Généraux (RG) fürchtet nach einem Anfang der Woche bekannt gewordenen Bericht zu dem Jahrestag ein Wiederaufflammen der Krawalle.

(ap)
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