Zweiter Runder Tisch gescheitert Wieder keine Lösung in der Ukraine-Krise

Kiew · Der zweite Runde Tisch ist gescheitert. Wieder hat es keine Lösung in der Ukraine-Krise gegeben. Zwar soll die Atmosphäre diesmal offener gewesen sein. Aber sichtbare Fortschritte bringt der zweite Runde Tisch nicht. Eine Woche vor der Präsidentenwahl scheint mehr als fraglich, ob im umkämpften Osten eine freie und faire Abstimmung möglich ist.

 Der Ukrainische Premierminister Arseniy Yatsenyuk (Dritter von rechts) neben dem ehemaligen Präsidenten Leonid Kravchuk (Zweiter von rechts) und Leonid Kuchma (rechts).

Der Ukrainische Premierminister Arseniy Yatsenyuk (Dritter von rechts) neben dem ehemaligen Präsidenten Leonid Kravchuk (Zweiter von rechts) und Leonid Kuchma (rechts).

Foto: afp, ss/RT

Auch der zweite Runde Tisch zur Entschärfung des Konflikts in der Ukraine ist ohne greifbares Ergebnis zu Ende gegangen. Beobachter sprachen nach dem Treffen in der Stadt Charkow am Samstag aber von einer deutlich besseren Gesprächsatmosphäre als zuletzt. Regierungschef Arseni Jazenjuk kündigte weitere Runde Tische an, um die von separatistischen Bestrebungen bedrohte Einheit des Landes zu erhalten. Wie beim ersten ergebnislosen Treffen in der Hauptstadt Kiew am Mittwoch blieben auch in der zweiten Runde die militanten prorussischen Kräfte außen vor.

Opposition diesmal anwesend

Der "Tisch" sei diesmal aber offener gewesen, weil Vertreter der Opposition und der russisch geprägten Regionen dabei gewesen seien, sagte der ukrainische Ex-Präsident Leonid Krawtschuk. Auch der deutsche Diplomat Wolfgang Ischinger nahm an den Gesprächen teil, die erstmals im krisengeschüttelten Osten des Landes stattfanden.

Jazenjuk sprach sich für einen besonderen Schutz der russischen Sprache und für eine "Dezentralisierung der Macht" aus - also für die Abgabe von Zuständigkeiten an die Regionen. "Wir sind bereit, alles für eine Einheit des ukrainischen Staates zu tun", sagte er. Am Mittwoch (21. Mai) soll in Tscherkassy rund 200 Kilometer südlich von Kiew weitergesprochen werden.

Viele Probleme im Osten

Gut eine Woche vor der Präsidentenwahl am 25. Mai beklagt die Wahlkommission in Kiew am Samstag massive Probleme im umkämpften Osten des Landes. Durch die Gefechte zwischen Regierungstruppen und schwer bewaffneten prorussischen Separatisten hätten in etwa einem Dutzend der Wahlbezirke noch nicht einmal Vorbereitungen begonnen.

Die militanten Kräfte, die in vielen Großstädten in der Ostukraine öffentliche Gebäude besetzen, hatten nach einem international nicht anerkannten Referendum am 11. Mai die unabhängigen Volksrepubliken Donezk und Lugansk ausgerufen. Der neue "Regierungschef der Donezker Volksrepublik", Alexander Borodaj, kündigte am Samstag die baldige Vereinigung der "Volksrepubliken" an. Gespräche mit Kiew könne es erst geben, wenn die Regierung ihre "Anti-Terror-Operation" beende.

Konflikt forderte mindestens 250 Tote

Die Wahlkommission forderte Interimspräsident Alexander Turtschinow auf, die Arbeit der Wahlbüros und das Recht der Bürger auf Teilnahme an der Abstimmung zu garantieren, wie Medien in Kiew am Samstag berichteten. "Die Lage verschlechtert sich", warnte die Behörde.

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen kamen seit Ausbruch des Konflikts etwa 250 Menschen ums Leben. Der selbst ernannte "Volksbürgermeister" der umkämpften Großstadt Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, behauptete am Samstag, die Regierungstruppen hätten im Osten deutlich höhere Verluste erlitten als eingeräumt. Mindestens 650 Menschen seien seit Anfang Mai verletzt, gefangen oder getötet worden. Unter den Toten seien auch Mitarbeiter der CIA, des FBI und des ukrainischen Geheimdienstes SBU, brüstete er sich laut Agentur Interfax in einer Videobotschaft.

In der "Volksrepublik Lugansk" berichtete die illegale Vereinte Armee Süd-Ost, dass sie den "Volksgouverneur" Waleri Bolotow aus dem Gewahrsam ukrainischer Grenztruppen befreit habe. Der von der Zentralregierung gesuchte Bolotow war demnach bei seiner Einreise aus Russland festgenommen worden. Medien zufolge warteten die Truppen vergeblich auf ein Hilfskontingent. Etwa 150 militante prorussische Kräfte entrissen Bolotow schließlich den 70 Grenzbeamten.

Westen kritisiert Moskau

Der Westen beschuldigt den Kreml, den Konflikt in der benachbarten Ex-Sowjetrepublik anzuheizen. US-Präsident Barack Obama drohte mit weiteren Sanktionen. Moskau werde "bedeutende weitere Kosten" zu spüren bekommen, wenn es sein "provokatives und destabilisierendes Verhalten" fortsetze, sagte Obama laut Weißem Haus am Freitag in einem Telefonat mit seinem französischen Kollegen François Hollande.

Vor einem Besuch in Berlin nahm der ukrainische Außenminister Andrej Deschtschiza insbesondere Deutschland in die Pflicht. "Wenn deutsche Politiker für die Destabilisierung der Region nicht verantwortlich sein wollen, dann muss Berlin gegenüber Russland stärker auftreten", forderte er in der "Welt" (Samstag). Er wird am Dienstag zu einem Treffen mit seinem Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier erwartet.

(dpa)
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