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Nach Entmachtung der Militärs in Ägypten Westerwelle sorgt sich um Ägyptens Zukunft

Kairo · Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat sich angesichts des Machtkampfes in Ägypten besorgt über die Zukunft des Landes gezeigt. "Das sind Schicksalstage für Ägypten. Die Zukunft des Landes wird von den Bürgern und den politischen Institutionen in Ägypten entschieden", sagte Westerwelle unserer Redaktion.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hofft darauf, dass Ägypten seinen Weg in Richtung Demokratie fortsetzt.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hofft darauf, dass Ägypten seinen Weg in Richtung Demokratie fortsetzt.

Foto: dapd, Patrick Sinkel

Ägypten sei ein "Schlüsselland im arabischen Raum", so der FDP-Politiker. "Meine Hoffnung und Erwartung ist, dass der Weg in Richtung Demokratie fortgesetzt wird." Westerwelle forderte den ägyptischen Präsidenten auf, sich an die Ankündigung zu halten, eine Demokratie aufzubauen. "Ich habe Präsident Mursi in den letzten Monaten zweimal getroffen und nehme ihn beim Wort, wenn er sagt, dass er eine demokratische Grundordnung und den Schutz des inneren und äußeren Friedens will. Dazu zählt übrigens auch die religiöse Pluralität wie der Schutz der christlichen Minderheit. Das werden wir weiter einfordern."

Unterdessen hat Ägyptens islamistischer Präsident Mohammed Mursi für seine überraschende Offensive gegen das Militär breite Zustimmung aus der Bevölkerung bekommen. Der ehemalige Dissident und Generaldirektor der Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed el Baradei, sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung".

Auch Vertreter der Protestbewegung, die im Februar 2011 zum Sturz des damaligen Präsidenten Husni Mubarak geführt hatten, äußerten sich positiv. Juristen kritisierten Mursi aber wegen der möglichen Überschreitung seiner Kompetenzen. Bundesregierung und EU forderten weitere Reformen und Stärkung der Demokratie. Israel verfolgt die Entwicklung besorgt.

Der erste frei gewählte Präsident in der Geschichte Ägyptens hatte am Sonntag überraschend die Armeeführung entmachtet und die ganze Macht im Staat an sich gezogen. Er entließ den Armeechef und Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi und den Generalstabschef Sami Anan. Darüber hinaus setzte er die Verfassungserklärung vom Juni außer Kraft, mit der die Militärs seine Macht eingeschränkt hatten.

An die Stelle Tantawis berief Mursi den bisherigen Chef des Militärgeheimdienstes, Abdel Fattah al-Sisi. Dieser gehört einer jüngeren Generation von Militärs an. Aus seiner bisherigen Arbeit weiß Al-Sisi, welche Offiziere und Einheiten loyal zum islamistischen Präsidenten Mursi stehen.

Militärrat bleibt still

Der bislang mitherrschende Militärrat äußerte sich zunächst nicht zu den Ereignissen. Damit bleibt unklar, in welchem Umfang Tantawi und andere Generäle vorab über ihre Entmachtung informiert worden waren. Politologen und Analysten in Kairo gehen aber davon aus, dass zumindest Al-Sisi in die Pläne eingeweiht war. "Mursi ging ein kalkuliertes Risiko ein", sagte der Politologe Amr Hamzawy von der Amerikanischen Universität in Kairo. Tatsächlich schienen sich die Militärs mit dem Machtverlust abzufinden. Es gab zunächst keine Hinweise auf einen bevorstehenden Putsch der geschassten Generäle.

In einer Ansprache am späten Sonntagabend bemühte sich Mursi, den Streitkräften zu schmeicheln. Er werde sie stets bei der Erfüllung "ihrer geheiligten Aufgabe zum Schutz der Nation" unterstützen, sagte er. "Meine Entscheidungen zielten nie darauf ab, irgendeine staatliche Institution zu beleidigen", fügte er hinzu.

Kühner Schritt

Mursi festigte mit seinem ebenso kühnen wie überraschenden Schritt seine Macht in beispielloser Weise. Nach dem Sturz Mubaraks hatte der Oberste Militärrat das Heft in die Hand genommen und die Macht nur sehr zögerlich wieder abgegeben. Mit einer neuen Verfassungserklärung übertrug Mursi am Sonntag die Vollmachten, die bislang die Militärs exklusiv für sich beansprucht hatten, auf sich selbst. Damit kann er nun Gesetze erlassen und selbst den Staatshaushalt festlegen.

Mursi bekannte sich erneut zum geltenden Fahrplan für den demokratischen Übergang. Nach der Ausarbeitung einer neuen Verfassung durch die derzeit tätige Verfassungsversammlung und ihrer Billigung durch ein Referendum soll ein neues Parlament gewählt werden.

"Es ist eine Übertragung der Macht auf den Präsidenten in guter Absicht", kommentierte der moderate Islamist Abdel Moneim Abul Futuh Mursis Schritt am Montag. "Seine Entscheidungen verdienen unsere Unterstützung", erklärte Ahmed Maher, der Mitbegründer der am Mubarak-Sturz beteiligten Jugendbewegung 6. April, über die Internet-Plattform Twitter. "Ich denke, genau das wollten wir."

Kritik von Juristen

Trotz seiner Zustimmung warnte El Baradei: "Ein Präsident, der sowohl exekutive als auch gesetzgeberische Vollmachten hat, widerspricht dem Kern der Demokratie. Das kann nur ausnahmsweise und provisorisch gehen." Offene Kritik kam vor allem aus Juristenkreisen. "Ein Präsident hat nicht die Vollmacht, eine Verfassung zu ändern, auch nicht eine provisorische", sagte die Verfassungsrichterin Tahani al-Gabali dem Portal "alahramonline". "Mursi hätte sich an die geltende Verfassungserklärung halten müssen."

Israel reagierte besorgt. Angesichts der Gewalt auf der Halbinsel Sinai sei die Regierung in Jerusalem nun besorgt über die Entwicklung, die aber noch nicht ganz absehbar sei, schrieb "Jediot Achronot" unter Berufung auf einen ungenannten Sprecher der Regierung. Allerdings wurde auch daraufhin hingewiesen, dass die neue Militärspitze ebenfalls gute Beziehungen zu Israel habe.

Die Bundesregierung hofft auf eine Fortsetzung der Reformen. "Es muss unbedingt verhindert werden, dass Verwerfungen in Ägypten entstehen, die ein weiteres Fortschreiten der Reformen unmöglich machen", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Montag in Berlin. Auch die Europäische Union betonte die Notwendigkeit einer weiteren Demokratisierung. Die EU habe "die Entscheidungen Mursis, die die Übergabe der Macht an demokratisch gewählte Stellen abschließen, zur Kenntnis genommen", sagte der Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, Sébastien Brabant, in Brüssel. Die EU erwarte einen raschen Abschluss der Arbeiten an einer neuen demokratischen Verfassung sowie baldige Parlamentswahlen.

(RP/dpa)
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