Forderung aus Österreich "Flüchtlinge direkt aus Griechenland nach Deutschland bringen"

Wien/Berlin · Österreich will nicht länger "Verteilstelle" sein: Bundeskanzler Werner Faymann hat Deutschland zur direkten Übernahme von Flüchtlingen aus Griechenland oder Nachbarstaaten Syriens aufgefordert.

 Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann.

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann.

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"Es sollte eine Tagesquote festlegen - und nach dieser Flüchtlinge direkt von Griechenland, der Türkei oder Jordanien nach Deutschland bringen", sagte der Sozialdemokrat der österreichischen Zeitung "Kurier".

Er schlug dafür Durchreise-Zertifikate vor. "So ist die Verteilung auch vorgesehen. Österreich kann und darf nicht zur Verteilstelle werden. Damit muss Schluss sein", sagte Faymann. Es sei nicht länger tragbar, "dass täglich mehrere tausend Menschen durchgewunken werden, andererseits lässt uns Deutschland wissen, dass es heute nur 1000 oder 2000 oder einen ins Land lässt".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte das "einseitige Vorgehen" Österreichs in der Flüchtlingskrise. "Wer die nationalen Grenzen schließt, bewirkt damit nichts gegen die Ursachen der Flüchtlingsbewegung. Er riskiert obendrein auf Dauer einen Schaden für unsere Wirtschaft", sagte sie der "Volksstimme". "Wir müssen dauerhafte, auch morgen noch vertretbare Lösungen finden - und vor allem Lösungen, die nicht einseitig etwas festlegen, was andere Länder dann ertragen müssen."

Berlin winkt ab

Die Bundesregierung hat Forderungen aus Österreich zurückgewiesen, über Tageskontingente Flüchtlinge aus Griechenland nach Deutschland zu holen. "Deutschland operiert nicht mit Tagesquoten", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Es gebe niemanden, dem die Bilder von den Flüchtlingen an der griechisch-mazedonischen Grenze nicht nahegingen. "Sie zeigen leider überdeutlich, wie notwendig es ist, dass Europa abgestimmt und gemeinsam agiert und nicht Binnengrenzen in einer Weise schließt, die dann bei anderen Mitgliedsstaaten die Belastungen in die Höhe schnellen lassen", sagte Seibert.

Notwendig seien eine europäische Bekämpfung der Fluchtursachen, der Schutz der Außengrenzen und die Zusammenarbeit mit der Türkei. So sei eine starke Reduzierung der illegalen Migration möglich. Zugleich dürfe Griechenland mit der Situation nicht alleingelassen werden. Das Nothilfepaket der EU werde dem Land in großem Umfang zugutekommen, sagte Seibert. Griechenland müsse zugleich den Schutz der EU- und Schengen-Außengrenzen verbessern und den Bau von Hotspots vorantreiben. Faymann sagte der Zeitung "Kurier", Deutschland sollte "eine Tagesquote festlegen - und nach dieser Flüchtlinge direkt von Griechenland, der Türkei oder Jordanien nach Deutschland bringen". Dazu solle es "Durchreise-Zertifikate" geben. Am Montag beraten die EU-Staaten bei einem Gipfel sowie bei einem Treffen mit der Türkei das weitere Vorgehen. Zur Vorbereitung trifft Merkel am Freitag den französischen Präsidenten Francois Hollande in Paris.

Amnesty fordert schnelles Handeln

Angesichts der Not Tausender in Griechenland gestrandeter Flüchtlinge verlangt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ein rasches gemeinsames Handeln der EU-Länder. "Ich weiß nicht, worauf die EU-Staaten warten - wie weit soll die Situation noch eskalieren?", sagte die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selmin Caliskan, der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Justizminister Heiko Maas mahnt Hilfen für Griechenland an und setzt auf eine gemeinsame Lösung beim EU-Gipfel am 7. März. "Niemand versteht doch, wenn die EU erst Griechenland mit Milliarden im Euro gehalten hat und jetzt die Lösung der Flüchtlingskrise auf das Land abgewälzt wird", sagte der SPD-Politiker der "Rheinischen Post" (Mittwoch). "Die Bilder an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien sollten uns allen Ansporn sein, noch entschlossener für europäische Lösungen zu kämpfen."

Die Flüchtlingspolitik wird an diesem Mittwoch auch die Spitzen von CDU und CSU beschäftigen. Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer wollen sich angesichts offener Gegensätze am Mittag im Kanzleramt treffen. An der Beratung sollen auch der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU), CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) teilnehmen.

Merkel hat vor den EU-Gipfeln im März bereits klargemacht, dass sie weiterhin europäische Lösungen zur Verringerung der Flüchtlingszahlen anstrebt. Die CSU verlangt dagegen unter anderem ein nationales Limit von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr und ein schärferes Vorgehen an der deutsch-österreichischen Grenze.

Grünen-Chefin Simone Peter kritisierte die europäische Flüchtlingspolitik scharf. Die Vorgänge in Idomeni in Griechenland und Calais in Frankreich "zeugen von der zunehmenden Verrohung der europäischen Flüchtlingspolitik", sagte sie unserer Redaktion.

(felt/dpa/REU)
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