Labour hat eine neue Führung Wer hat Angst vorm "Roten Ed"?

Manchester (RP). Der neue Vorsitzende der britischen Labour-Partei heißt überraschend Ed Miliband. Mit gerade einmal 40 Jahren hat er es fertig gebracht, seinen favorisierten Bruder David bei der Wahl zum neuen Vorsitzenden der Labour-Partei hinter sich zu lassen. Auf dem rechten Partei-Flügel geht jetzt die Angst vor einem Linksruck um, der die britische Opposition spalten könnte.

 Ed Miliband wird bei Labour wegen seiner Ansichten "Roter Ed" gerufen.

Ed Miliband wird bei Labour wegen seiner Ansichten "Roter Ed" gerufen.

Foto: AFP, AFP

Mit einem hauchdünnen Vorsprung setzte sich der 40-jährige Ed Miliband am Wochenende bei der Wahl eines neuen Vorsitzenden gegen seinen favorisierten älteren Bruder David Miliband (45) durch. Ed Miliband erklärte die von Ex-Premierminister Tony Blair geprägte "New-Labour-Ära" für beendet, betonte aber, er wolle die Partei jetzt nicht "nach links taumeln lassen".

 Brüder und Konkurrenten: Ed und David Miliband.

Brüder und Konkurrenten: Ed und David Miliband.

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Vier Monate nach dem Wahldebakel offenbarte die Labour-Partei mit der Wahl des "linken Miliband" seine Spaltung in zwei etwa gleichstarke Lager. Im Finale des spannenden Wahlrennens schlug Ed als Favorit der Gewerkschaften und linken Traditionalisten mit einem knappen Vorsprung von nur 1,3 Prozentpunkten seinen Bruder David, der als früherer Außenminister die Interessen des reformorientierten Mitte-Rechts-Flügels vertritt.

Der neue Labour-Chef soll die Partei jetzt kämpferisch in die Opposition gegen die neue Regierung aus Konservativen und Liberaldemokraten führen. Doch auf dem Delegiertentreffen in Manchester ging es ganz so zu, als wähnte sich Labour noch immer an der Macht. Der Parteitag begann mit großspurigen Videoclips, in denen die Errungenschaften von Gordon Brown und Tony Blair gepriesen wurden. Plötzlich stand Brown selbst auf der Bühne, entspannter als je zuvor, und riss Witze über Tony Blairs vor wenigen Tagen erschienene Autobiografie, in der er hart angegriffen wurde. Zum Abschied bekannte sich der Schotte dann sogar lächelnd "schuldig" an der Wahlniederlage, ehe er seiner Partei prophezeite: "Ihr wählt heute den nächsten Regierungschef."

Dann kam der Augenblick, auf den Labour so lange gewartet hatte. Balkendiagramme flimmerten auf einer Leinwand. Der Weg an die Parteispitze war kompliziert: Die Kandidaten benötigten die Unterstützung der Labour-Abgeordneten im Unterhaus sowie im Europa-Parlament und der Gewerkschaften, die jeweils über ein Drittel der Stimmen verfügen. Nach der dritten Runde liegt immer noch David Miliband an der Spitze. Als in der vierten Runde schließlich der Name Ed fällt, sind alle schockiert. Mit 50,65 Prozent zu 49,35 Prozent hat der kleine Bruder den Favoriten geschlagen. Die Parteimitglieder springen auf, sie jubeln, applaudieren — und lächeln immer noch ungläubig.

"Red Ed"? Der von den Tories verspottete linke Umweltfreund als Labours Retter? Die Partei hatte eher mit David gerechnet. Miliband Junior war später gestartet als sein Bruder, und er hatte weniger Geld zur Verfügung. Doch kam seine Kampfansage an die "Armut und Ungerechtigkeit" gut an bei den Gewerkschaften, die Labours wichtigster Geldgeber sind. Ed konnte außerdem mehr junge Parteimitglieder für sich gewinnen, die er über ein Netzwerk von 4000 Helfern mobilisierte. "Heute beginnt die Arbeit der neuen Generation bei Labour, die die Notwendigkeit der Veränderungen versteht", sagte der aufgewühlte Sieger. "Als erstes will ich die Partei einigen!"

Zunächst muss der neue Oppositionschef jedoch für Harmonie in seiner Familie sorgen. "David, ich liebe dich so sehr. Ich habe Respekt vor deiner Stärke." Mit diesen Worten reichte der Sieger dem Verlierer von der Bühne die Hand, während der blasse David Miliband ohne die Spur des Lächelns seinen Lebenstraum in die Brüche gehen sah. Er brauchte eine ganze Weile, um sich zu fassen und Ed öffentlich zu gratulieren. Der neue Labour-Chef will seinem Bruder angeblich den Posten des Finanzministers in seinem Schattenkabinett anbieten, um eine Brücke zum rechten Flügel der Partei zu schlagen.

(RP)
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