US-Präsident macht Linke und Rechte verantwortlich Weltweit Kritik an Trumps Umgang mit Gewalt in Charlottesville

Washington · Donald Trump hatte erneut Linke und Rechte für die Gewalt in Charlottesville verantwortlich gemacht. Dafür erntete er sowohl im In- als auch im Ausland heftige Kritik. So forderten etwa Politiker aus allen Lagern in den USA eine Verurteilung und klare Distanzierung von Rassismus.

Trump hatte am Dienstag erneut "beide Seiten" der Gewalt in Charlottesville beschuldigt. Damit kehrte er zu seiner umstrittenen Position vom Wochenende zurück, bei der er eine klare Schuldzuweisung vermieden hatte. Er hatte sich erst nach heftigen Protesten auch aus seiner eigenen Partei am Montag von der rechtsextremen Gewalt in Charlottesville distanziert.

Dort hatten am Samstag Mitglieder rechter Gruppen gegen die geplante Entfernung des Denkmals eines Generals der Konföderierten-Armee demonstriert, die im Bürgerkrieg für die Beibehaltung der Sklaverei gekämpft hatte. Eine 32-jährige Frau wurde getötet, als ein mutmaßlicher Neonazi sein Auto in die Gegendemonstranten steuerte.

Trump bezeichnete den Täter am Dienstag als "Schande für seine Familie und sein Land". Gleichzeitig sagte er aber, viele Menschen hätten friedlich und "völlig rechtmäßig" gegen die Entfernung einer "sehr wichtigen Statue" demonstriert.

Trumps Stellungnahme wurde über die Parteigrenzen hinweg verurteilt. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, verlangte eine eindeutige Verurteilung des "abstoßenden" Rassismus. Der demokratische Senator Bernie Sanders erklärte, Trump "beschämt unser Land und die Millionen Amerikaner, die gegen die Nazis gekämpft haben und dabei gestorben sind."

Der frühere CIA-Chef John Brennan beklagte sich in einem Brief an den US-Fernsehmoderator Wolf Blitzer mit harschen Worten über Trump. "Herrn Trumps Worte und die Einstellung, die sie repräsentieren, sind eine nationale Schande", schrieb Brennan in dem Brief, den der Nachrichtensender CNN auf seine Internetseite stellte. Der 1948 in Augsburg geborene CNN-Moderator Blitzer hatte kurz zuvor in einer Sendung erwähnt, seine vier Großeltern seien während der Nazi-Herrschaft ums Leben gekommen.

Die beiden früheren US-Präsidenten George H.W. Bush und George W. Bush erklärten am Mittwoch (Ortszeit) gemeinsam, die USA müssten "rassistischen Fanatismus, Antisemitismus und Hass immer und in jeglicher Form zurückweisen". Auch die US-Armee, die sich üblicherweise aus der Politik heraushält, verurteilte Rassismus und Intoleranz. Einige rechte Demonstranten waren in Charlottesville in US-Militärkluft aufgetreten.

Nachdem aus Protest gegen den US-Präsidenten zuletzt mehrere Mitglieder seiner Beratergremien zurückgetreten waren, löste Trump zwei der Instanzen am Mittwoch auf. Trump erklärte per Twitter, er habe die Arbeit des Strategieforums (Strategic and Policy Forum) und des Industrierates (Manufacturing Council) beendet "anstatt Druck auf die Geschäftsleute auszuüben". Er bedankte sich für deren Arbeit. Zuvor hatte das Strategieform die Selbstauflösung beschlossen. In einer Mitteilung der Mitglieder hieß es, "der Präsident und wir" hätten die Entscheidung getroffen. Der Streit über die Teilnahme an dem Gremium lenke inzwischen von dessen Zielen ab. "In diesem Land haben Intoleranz, Rassismus und Gewalt absolut keinen Platz", betonten die Mitglieder.

Kritik an Trump kam auch aus dem Ausland. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erklärte, es sei "unerträglich", wie Trump die Gewalt "beim Aufmarsch der rechtsextremen Horde von Charlottesville jetzt auch noch beschönigt". Großbritanniens Premierministerin Theresa May sagte, sie sehe "keine Gleichwertigkeit" zwischen Vertretern rechtsextremer Ansichten und deren Gegnern.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) warf Trump vor, die rechtsextremistische Gewalt in Charlottesville in unzulässiger Weise relativiert zu haben. "Natürlich ist eine Gleichsetzung beider Seiten statt einer klaren Distanzierung vom nazistischen Potenzial, das sich da gezeigt hat, ein Riesenfehler", sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Und sie ist auch falsch. Und das zeigt eben, wie verwoben ein Teil der Unterstützer Trumps mit der rechtsradikalen Szene der Vereinigten Staaten ist. Sein Chefideologe (Steve) Bannon steht ihnen nahe."

UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte, Rassismus und Fremdenhass müssten in den USA und in aller Welt bekämpft werden. "Es ist absolut notwendig, dass wir uns dagegen wehren, überall und immer", sagte Guterres.

Israels Präsident Rueven Rivlin zeigte sich schockiert über den Antisemitismus bei dem rechten Aufmarsch in Charlottesville. In einem Schreiben an jüdische Organisationen in den USA hieß es zugleich, er sei zuversichtlich, dass "die große Nation der Vereinigten Staaten und ihre politischen Führer wissen, wie sie mit dieser schwierigen Herausforderung umgehen und der Welt die Robustheit und Stärke von Demokratie und Freiheit zeigen".

Beifall vom Ku-Klux-Klan-Anführer

Beifall erhielt Trump indes vom früheren Anführer des rassistischen Ku Klux Klans, David Duke. Dieser dankte Trump für seinen "Mut, die Wahrheit" zu sagen und "die linken Terroristen zu verurteilen".

Derweil konnte der rechtskonservative US-Sender Fox News trotz hartnäckiger Versuche der Redaktion nach eigenen Angaben keinen Republikaner auftreiben, der die Äußerungen von Trump in der Rechtsextremismusdebatte verteidigen will. "Unser Buchungsteam hat Republikaner aller Lager aus dem ganzen Land kontaktiert", sagte Moderator Shepard Smith am Mittwochabend (Ortszeit) in seiner Sendung. "Wir konnten niemanden bekommen, der herkommen und ihn (Trump) verteidigen wollte."

Aus seiner Verwunderung machte der Moderator keinen Hehl — schließlich ist sein Sender nicht eben bekannt dafür, Republikaner und ihre politischen Positionen knallhart zu hinterfragen. "Lasst uns ehrlich sein: Republikanern macht es oft nichts aus, bei Fox News zu sein", sagte Smith.

Stille Nachtandacht in Charlottesville

Nach der Trauerfeier für die bei der Demonstration in Charlottesville getöteten Frau sind in der Ortschaft erneut Hunderte Menschen für eine Andacht zusammengekommen. Sie versammelten sich am Mittwochabend auf dem Campus der Universität von Virginia zu stillem Gedenken im Kerzenschein. Die sich nur langsam fortbewegende Masse sang geistliche Lieder und erinnerte an die insgesamt drei Personen, die am Samstag ihr Leben verloren hatten.

In Philadelphia kamen am Mittwochabend Tausende Menschen unter dem Motto "Philly is Charlottesville" zusammen, um nach der eskalierten Gewalt Solidarität mit der Kleinstadt zu bekunden. Sie liefen durch das Zentrum der Stadt. Die Organisatoren sagten, sie lehnten alle Formen von Fanatismus ab.

(das/AFP/dpa/AP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort