Freiwillige Helfer verteilen Lebensmittel Welle der Solidarität für Libyen

Rad Jdir/Tunesien (RPO). Im Fernsehen sah Khadiga Mhiri die Bilder verzweifelter Libyer, die über die Grenze nach Tunesien flüchteten. Schon wenige Stunden später machte sich die 32-jährige Apothekerin aus Tunis mit dem Bus auf die achtstündige Reise in den Süden, um den libyschen Flüchtlingen zu helfen. Wie Mhiri strömten in den vergangenen Tagen Hunderte Tunesier in die Grenzregion zu Libyen - eine wahre Welle der Solidarität aus dem Land, das mit seinem Volksaufstand den Grundstein legte für die Proteste in zahlreichen anderen arabischen Ländern.

Zehntausende Menschen fliehen aus Libyen
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Zehntausende Menschen fliehen aus Libyen

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Mit Bussen und Autos brachen muslimische Fundamentalisten ebenso zur Grenze auf wie tunesische Pfadfinder. Sie bilden eine spontane Freiwilligenarmee, die die Ereignisse in Libyen als Frucht ihres Aufstandes sieht. "Man muss verstehen, was das für uns bedeutet, die wir gerade unsere Freiheit gewonnen haben", sagte Mhiri. "Ich bin hier, um diese Freiheit an meine Brüder über der Grenze weiterzugeben, um auf jede mir mögliche Weise zu helfen."

Tunesische Blogger und Jugendorganisationen, die ihre Kampagnen im Inland mithilfe sozialer Online-Netzwerke organisierten, boten ihren Kollegen von der libyschen Opposition Unterstützung an. In Twitter-Botschaften, E-Mails und Skype-Chats rieten sie ihnen etwa, selbst Tweets zu verschicken und Protestplakate in englischer und französischer Sprache zu beschriften, um mehr internationale Aufmerksamkeit zu erhalten.

Medikamente und Lebensmittel angeboten

Andere Tunesier boten Medikamente, Lebensmittel oder Blutspenden für die Opfer der Gewalt in Libyen an. Allerdings wurden die meisten dieser Hilfslieferungen an der Grenze von regimetreuen Zollbeamten abgefangen.

Die tunesischen Streitkräfte haben im Grenzgebiet Notunterkünfte und Rettungszelte für 35.000 ägyptische Flüchtlinge eingerichtet, die in den vergangenen Tagen aus Libyen kamen. Den Großteil der Hilfe schienen aber die Freiwilligen zu leisten, die an kleinen Ständen Lebensmittelspenden verteilten und die erschöpften Flüchtlinge mit kostenlosen Thunfisch-Sandwiches empfingen.

Als ein Anhänger des libyschen Staatschefs Muammar al Gaddafi in einem Geschäft auf der tunesischen Seite der Grenze auftauchte und ausländischen Journalisten versicherte, dass die Lage in Libyen ruhig sei, wurde er von tunesischen Männern umringt. "Lügner! Lügner! Geh zurück zu Muammar", schrien sei und zwangen den Mann zu einem eiligen Rückzug.

"Lasst uns unseren libyschen Brüdern helfen"

Am Samstag trafen zahlreiche weitere Autos mit freiwilligen Helfern an der Grenze ein. Sie hupten und trugen Plakate mit Aufschriften wie "Lasst uns unseren libyschen Brüdern helfen!" bei sich.

Das größte Krankenhaus im Grenzort Ben Gardane ist zum Zentrum geworden für medizinische Spenden aus dem ganzen Land für die Flüchtlinge aus Libyen. In einem Raum sortierten Freiwillige die Spenden wie Antibiotika und Windeln. Über ihnen hing ein Schild, auf dem Gaddafi mit einer Fußball-Analogie zum Rücktritt aufgefordert wird. Die Entmachtung des tunesischen Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali sei "das erste Tor" gewesen, heißt es dort, der Rücktritt des ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak das zweite - und Gaddafi werde schließlich das dritte Tor sein.

(apd/jre)
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