Wegen Ukraine-Krieges Ungarn blockiert weiter Öl-Embargo – Orban ruft Ausnahmezustand aus

Budapest · Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban blockiert weiter das geplante EU-Öl-Embargo gegen Russland. Wegen des Ukraine-Kriegs hat er nun den Ausnahmezustand in Ungarn ausgerufen. Der Regierungschef kann dadurch weiterhin geltende Gesetze aufheben und Zwangsmaßnahmen per Verordnung treffen.

 Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban im Parlament in Budapest.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban im Parlament in Budapest.

Foto: AFP/ATTILA KISBENEDEK

Eine schnelle EU-Einigung auf ein Öl-Embargo gegen Russland ist nach Einschätzung des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban nicht in Sicht. Da die noch offenen Fragen schwerwiegend seien, sei es sehr unwahrscheinlich, dass eine umfassende Lösung vor dem EU-Sondergipfel kommende Woche gefunden werden könne, schreibt Orban in einem Brief an EU-Ratschef Charles Michel.

Zugleich spricht der rechtsnationale Politiker sich in dem Schreiben vom Montag, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, dafür aus, nicht bei dem Gipfel über das von der EU-Kommission vorgeschlagene Sanktionspaket zu diskutieren. Dies sei kontraproduktiv und würde nur die interne Spaltung offenbaren, ohne dass es eine realistische Chance gebe, die Differenzen auszuräumen. Ein EU-Beamter bestätigte am Dienstag den Eingang des Schreibens.

Orban bekräftigt darin zudem, dass Ungarn noch immer stark von russischen Energie-Importen abhänge. Weder die ungarischen Haushalte, noch die ungarische Wirtschaft könnten dem Preisschock, den die vorgeschlagenen Sanktionen verursachen würden, aushalten. Er verweist zudem darauf, dass die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission zur Entlastung besonders von russischer Energie abhängiger Staaten die ungarischen Bedenken nicht ausräumten.

Kurz vor dem Auslaufen des gegenwärtigen Corona-Notstands zum Monatsende hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zudem einen Weg gefunden, um weiterhin per Verordnung regieren zu können. Das Parlament in Budapest schuf dazu am Dienstag eine neue Kategorie des Notstands. Die Regierung kann den Notstand nun auch ausrufen, wenn ein Nachbarland von einem bewaffneten Konflikt, einem Krieg oder einer humanitären Katastrophe betroffen ist. Die Ukraine, gegen die Russland seit drei Monaten einen Angriffskrieg führt, ist einer von Ungarns Nachbarn. Für die entsprechende Verfassungsänderung stimmten die 136 Abgeordneten der rechtsnationalen Fidesz-Partei.

Der Notstand erlaubt es ihm, geltende Gesetze aufzuheben und Zwangsmaßnahmen per Verordnung zu treffen. Das Parlament muss das nach spätestens 15 Tagen bestätigen. Angesichts der großen Mehrheit der von Orban geführten Fidesz-Partei gilt das als Formsache.

Den Gesundheitsnotstand nutzte Orban auch für Zwecke, die kaum mit der Bewältigung der Gesundheitslage begründbar waren. Dazu zählten Maßnahmen, um oppositionell regierte Gemeinden finanziell zu schädigen oder regierungsnahen Geschäftsleuten Vorteile zu verschaffen.

(dni/dpa/AFP)
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