Neue Zusammenstöße in Istanbul Wasserwerfer-Angriff in Fußgängerzone

Die türkische Polizei ist in Istanbul erneut gewaltsam gegen friedliche Demonstranten vorgegangen. Polizisten setzten in der Umgebung des zentralen Taksim-Platzes am Samstagabend Wasserwerfer und Plastikgeschosse ein, wie Augenzeugen berichteten.

Eskalation auf dem Taksim-Platz: Hans Rusinek fotografiert
23 Bilder

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An den neuerlichen Protesten gegen die islamisch-konservative Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan beteiligten sich mehrere Hundert Menschen. Das Wasser der Wasserwerfer war zeitweise mit einer Chemikalie versetzt, die ähnlich wie Tränengas wirkt.

Demonstranten klagten über Beschwerden an den Augen und in den Atemwegen. Offenbar können Wasserwerferpiloten die unbekannte Substanz dem Wasser auf Knopfdruck hinzumischen. Das Wasser färbt sich dann orange, Wasser und Sprühnebel rufen teils schwere Reizungen hervor. Polizisten verfolgten Demonstranten in Seitengassen der Einkaufsstraße Istiklal Caddesi, die zum Taksim-Platz führt.

Demonstranten berichteten über Twitter von Festnahmen. In der Fußgängerzone waren zum Zeitpunkt des Wasserwerfereinsatzes auch zahlreiche Passanten und ausländische Touristen unterwegs.

Am frühen Samstagabend sperrte die Polizei den Gezi-Park am Taksim-Platz. Dorthin hatte ein Pärchen, das sich bei den seit Ende Mai andauernden Protesten kennengelernt und am Samstag geheiratet hatte, öffentlich zur Hochzeitsfeier eingeladen. Auf über Twitter verbreiteten Bildern der Braut war zu sehen, dass sie neben einem weißen Hochzeitskleid auch einen weißen Helm und eine mit Blumen geschmückte Gasmaske trug. Der Helm des Bräutigams war rot.

Insgesamt sind die Proteste in der Türkei etwas abgeebbt. Sie hatten sich an Regierungsplänen entzündet, den Gezi-Park zu bebauen, richten sich inzwischen aber vor allem gegen den autoritären Regierungsstil. Der Gezi-Park ist zum Symbol der Proteste geworden.

Das harte Vorgehen gegen Demonstranten hat die türkische Regierung nach einer Umfrage Sympathiepunkte bei den Wählern gekostet. Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) käme im Falle einer Parlamentswahl nur noch auf 44,1 Prozent, zitierte die Zeitung "Hürriyet Daily News" am Samstag aus einer Umfrage des Meinungsinstituts Sonar. Im Februar 2012 seien es noch 53,2 Prozent und im vergangenen November 47,3 Prozent gewesen.

(dpa)
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