Entscheidung in Washington USA verlegen Truppen an die Ostflanke der Nato

Washington · Einen Kampfeinsatz in der Ukraine im Falle einer russischen Invasion hat Joe Biden ausgeschlossen. Aber er hatte angedeutet, dass er den Verbündeten in Osteuropa zusätzliche Einheiten als Zeichen der Unterstützung entsenden werde. Jetzt ist es so weit. Moskau nennt das destruktiv.

 2000 US-Soldaten werden nach Europa verlegt.

2000 US-Soldaten werden nach Europa verlegt.

Foto: dpa/Frank May

Rund 8.500 Soldaten sitzen in den USA auf Abruf für eine Verlegung nach Europa in der Ukraine-Krise. Die Ersten werden nun nach Angaben des Pentagon von Fort Bragg im US-Bundesstaat North Carolina nach Polen und Deutschland aufbrechen. Gleichzeitig rotieren rund eintausend Angehörige einer Stryker-Einheit von Deutschland nach Rumänien. Die nachgerückten Soldaten aus den USA sollen ein neues Hauptquartier des „XVIII Airborne Corps“ aufbauen.

 „Es ist wichtig, ein starkes Signal an Mr. Putin und die Welt zu senden, dass mit der Nato zu rechnen ist“, erklärte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums John Kirby. Dies sei bloß der Anfang. „Wir haben lange gesagt, dass wir fortlaufend unsere Aufstellung prüfen“, erklärte Kirby und fügte nachdrücklich hinzu: „Dies ist nicht die Summe aller Abschreckungsmaßnahmen, die wir ergreifen.“

 Die Entscheidung des US-Präsidenten folgte einem weiteren Krisentreffen mit Pentagon-Chef Lloyd Austin und dem Joint Chiefs of Staff, General Mark Milley am Dienstag. Diese hatten Biden bereits bei einem Strategietreffen auf Camp David Alternativen für militärische Reaktionen auf die Ukraine-Krise vorgelegt.

 Der ehemalige Nato-Kommandeur James G. Stavridis nannte die Entscheidung „klug, begrenzt und fokussiert“. Die Verlegung der Truppen „stellt eine echte Verstärkung der Kampftruppen dar, indem sie sehr fähige US-Streitkräfte miteinander verbindet. „Sie sind ausgebildet und ausgerüstet, während dieser Phase des erhöhten Risikos verschiedene Missionen wahrzunehmen“, erklärte ein hoher Mitarbeiter der Regierung zu dem Einsatz. „Es geht darum, eine Bedrohung unseres Bündnisses abzuwehren.“

 Ausdrücklich betonte Pentagon-Sprecher Kirby, bei der Verlegung der Truppen handele es sich um einen temporären Einsatz. Der US-Präsident hat ausgeschlossen, dass US-Truppen in die Ukraine verlegt werden. Dort halten sich rund 200 Mitglieder der Nationalgarde Floridas auf, die ukrainische Truppen ausbilden. Bei einer Invasion könnten amerikanische Soldaten dabei helfen, Diplomaten und bis zu 30.000 Staatsangehörige zu evakuieren.

 Am Dienstag hatte der russische Präsident Wladimir Putin die USA beschuldigt, sie versuche Moskau in einen Krieg mit der Ukraine hineinzulocken. Er hoffe, „dass der Dialog fortgesetzt wird“. Russland hat die Ukraine mit rund 120.000 Truppen von drei Seiten eingekesselt. Die USA halten die Truppenstärke für eine Invasion des benachbarten Flächenstaats für ausreichend. 

 In der vergangenen Woche hatten die USA schriftlich auf die russischen Forderungen nach »Sicherheitsgarantien« geantwortet. Die im Dezember in zwei Vertragsentwürfen Russlands geforderte Verzichtserklärung der Nato auf eine Mitgliedschaft der Ukraine sowie einen Rückzug von Waffen aus Staaten der früheren sowjetischen Einflusssphäre lehnte die US-Regierung ab. Russland arbeitet nach eigenen Angaben noch an einer formellen Gegenantwort.

 Das Pentagon bestätigte die Echtheit von durchgestochenen Dokumenten des Briefwechsels, aus denen die spanische Zeitung „El Pais“ zitierte. Demnach hätten die USA Verhandlungen in einer Reihe von Bereichen sowie vertrauensbildende Maßnahmen vorgeschlagen. Die Amerikaner hätten darauf bestanden, dass es aus prinzipiellen Gründen keinen Kompromiss bei dem Recht der Ukraine geben könnte, eine Mitgliedschaft der Nato zu beantragen. US-Präsident Biden hatte in der Praxis wiederholt ausgeschlossen, dass dies in absehbarer Zeit eine realistische Option sei.

 Anfang der Woche war es vor dem Weltsicherheitsrat zu einem heftigen Schlagabtausch der Vertreter der USA und Russlands gekommen. Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja beschuldigte die Amerikaner, eine globale Hysterie zu erzeugen. Es gebe keinen Beweis dafür, dass Russland eine Invasion überhaupt nur in Betracht ziehe. Den Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine erklärte er als „ganz normale“ Truppenbewegungen innerhalb des russischen Staatsgebiets.

 US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield hielt Russland dagegen vor, mit der Stationierung der Soldaten an der Grenze zur Ukraine „die internationale Sicherheit zu bedrohen“. Moskau such nur einen Vorwand, in die Ukraine einzumarschieren. „Das Benennen der Tatsachen vor Ort ist nicht provokativ“, fügte sie hinzu. Es handele sich um russische Kampfeinheiten handele, "die bereit sind, Offensivaktionen in der Ukraine durchzuführen."

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