Analyse zur US-Wahl Was von Obama übrig bleibt

Washington (RPO). Für US-Präsident Barack Obama ist der Ausgang der Kongresswahlen eine Katastrophe. In der zweiten Hälfte seiner Amtszeit droht ihm das Schicksal einer "lahmen Ente". Denn Gesetze kann er gegen den Widerstand der Republikaner nicht auf den Weg bringen. Beobachter vermuten, Obama versuche nun in der Außenpolitik zu glänzen. Doch dies wäre ein Fehler, der das Ende seiner politischen Karriere bedeuten könnte.

US-Wahl: Gewinner und Verlierer
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Washington (RPO). Für US-Präsident Barack Obama ist der Ausgang der Kongresswahlen eine Katastrophe. In der zweiten Hälfte seiner Amtszeit droht ihm das Schicksal einer "lahmen Ente". Denn Gesetze kann er gegen den Widerstand der Republikaner nicht auf den Weg bringen. Beobachter vermuten, Obama versuche nun in der Außenpolitik zu glänzen. Doch dies wäre ein Fehler, der das Ende seiner politischen Karriere bedeuten könnte.

Der Präsident der USA ist der mächtigste Mann der Welt. Diesen Satz hört und liest man immer wieder. Barack Obama dürfte sich an diesem Mittwoch jedoch machtlos fühlen. Denn gegen eine feindliche Mehrheit auf dem Capitol Hill sind jedem Präsidenten politisch weitgehend die Hände gebunden. "Checks and Balances", das Prinzip der amerikanischen Verfassung, könnte den 49-Jährigen zwei Jahre lang zu einer lahmen Ente machen.

US-Präsident als Amtsleiter

Der US-Präsident ist kein Teil der amerikanischen Gesetzgebung. Streng genommen ist Obama ein Amtsleiter, Chef der US-Administration. Im Repräsentantenhaus hat er keine Stimme. Vorschläge für Gesetze darf er nicht einbringen. Gegen ihm unliebsame Gesetze aus dem Kongress hat er kein Veto-Recht. Er kann sie nur verzögern und erneut zur Abstimmung bringen. Die Zeichen stehen nach der Wahl am Dienstag eindeutig auf Blockade.

Eine Blockade ist für die USA nicht ungewöhnlich — von den Vätern der Verfassung grundsätzlich in Kauf genommen. Präsidenten mit allen Vollmachten sind den Amerikanern seit jeher suspekt. Abgeordnete in Senat und Repräsentantenhaus ebenso. "Politiker in Washington" — für Millionen Amerikaner ist das Schimpfwort. Die US-Hauptstadt sehen sie als Sumpf, in dem Lobby-Gruppen Milliarden Dollar an Steuergeld verpulvern.

Blockade wäre der Untergang

Eine Blockade käme Obamas politischem Untergang gleich. Vor zwei Jahren versprach er bei seiner Amtseinführung Hunderttausenden Anhängern einen Neuanfang in der amerikanischen Politik. "Wandel" lautete das Mantra des Newcomers aus Chicago. Er trete an, um ein gespaltenes Land wieder zu vereinen. Ein neues Amerika des Wohlstands und der Teilhabe. Obamas bisherige Bilanz ist verheerend. Amerika ist gespalten wie eh und je.

Obama reagierte schnell. In der Wahlnacht rief er die Fraktionschefs der Republikaner an, um ihnen Gespräche anzubieten. Er freue sich auf die Zusammenarbeit und wolle "Gemeinsamkeiten suchen, um das Land voranzubringen", berichtet ein Sprecher des Präsidenten. Obama weiß, dass er auf die Konservativen zugehen muss. Dabei müssen die Demokraten damit rechnen, über Teile ihrer Gesundheitsreform neu zu verhandeln.

Obamas Schmerzen

Dies wird Obama schmerzen. Einige Beobachter glauben, der Präsident werde innenpolitisch eine Blockade akzeptieren und sich als Außenpolitiker profilieren. Die atomare Abrüstung weiter vorantreiben. Den Friedensprozess in Nahost neu anstoßen. Die Partnerschaft der Nato mit Russland stärken. Neue Visionen für den Irak oder Afghanistan entwerfen. Politisch hätte er dazu die Macht. Außenpolitik ist seine Domäne. Für seine Wiederwahl würde es ihm aber kaum helfen.

Obama hat in den USA inzwischen den Ruf ein glänzender Redner zu sein, der keine Taten folgen lässt. Seine Ansprache zur atomaren Abrüstung in Prag im Juli vergangenen Jahres begeisterte Millionen Menschen — in Europa. Sein Besuch in der Moschee von Kairo schürte Hoffnung von Muslimen — in den USA löste er Befremden aus. Und auch für Friedensnobelpreise interessieren sich viele Amerikaner nicht. Mit Außenpolitik gewinnt man keine Wahlmänner in Texas, Kentucky oder Alabama.

Der Feind entscheidet

Obama wird also nicht zwei Jahre durch die Welt fliegen können. Wenn er die Innenpolitik einstellt, ist sein Projekt des Wandels gescheitert. Bei nächsten Präsidentschaftswahl hätte er kaum Chancen auf eine Wiederwahl. Entscheidend wird nun sein, wie die Republikaner auf sein Angebot reagieren. Machen sie dem Präsidenten realistische Angebote oder lassen sie ihn im Weißen Haus politisch verhungern?

Ob Obama jemals wieder ein mächtiger Mann wird, liegt seit diesem Dienstag nicht mehr in seiner Hand.

(RPO)
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