Nach Beschluss des EU-Embargos Was bedeutet ein iranischer Öl-Stopp?

Düsseldorf · Als mögliche Reaktion auf das von der EU ab Juli beschlossene Öl-Embargo droht der Iran, ab sofort seine Lieferungen nach Europa einzustellen. Auch über eine Sperrung der Tanker-Routen durch den Persischen Golf wird in Teheran weiter orakelt. Was wären die Folgen solcher Schritte?

 Ab Juli darf kein iranisches Öl mehr in die EU fließen.

Ab Juli darf kein iranisches Öl mehr in die EU fließen.

Foto: dapd, Vahid Salemi

Die Auseinandersetzung um das iranische Atomprogramm spitzt sich weiter zu. Nachdem die USA und die EU ihre Sanktionen gegen den Iran soeben noch einmal verschärft haben, droht Teheran jetzt mit Gegenmaßnahmen. Weil ab Juli kein iranisches Öl mehr in die EU fließen darf, will das Land den Spieß nun umdrehen und den Öl-Hahn nach Europa sofort zusperren. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wie ernst ist die iranische Embargo-Drohung gegen Europa zu nehmen?

Die Forderung nach einem sofortigen Lieferstopp nach Europa kommt aus den Reihen des iranischen Parlaments. Über eine entsprechende Vorlage soll schon am Sonntag abgestimmt werden. Doch selbst bei einer Annahme des Gesetzes würde das nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Iran sofort den Öl-Hahn zudreht. Die Abgeordneten haben schon früher mehrfach drastische politische Entscheidungen getroffen, die von der Regierung dann aber meist ignoriert wurden.

Was wären die Auswirkung eines sofortigen iranisches Öl-Embargos gegen Europa?

Grundsätzlich ist die EU kaum abhängig vom iranischen Öl. Es macht nicht einmal sechs Prozent der Gesamteinfuhren aus. Dabei gibt es aber große Unterschiede von Land zu Land. Ausgerechnet das fast bankrotte Griechenland bezog zuletzt fast 60 Prozent seines Öls aus dem Iran. Die Menge zu ersetzen, wäre im Falle eines iranischen Lieferstopps nicht einmal das Problem. Andere Produzenten könnten schnell einspringen. Aber das klamme Griechenland hatte mit dem Iran günstige Preise und vor allem sehr flexible Zahlungen vereinbart. Solche Konditionen ließen sich nicht auf die Schnelle mit anderen Lieferanten aushandeln.

Werden jetzt die Öl- und Treibstoffpreise steigen?

Darüber gehen die Meinungen der Experten weit auseinander. Während der Internationale Währungsfonds glaubt, dass der Öl-Preis um 20 bis 30 Prozent nach oben klettern könnte, wenn der fünftgrößte Produzent der Welt auf einen Schlag rund 1,5 Millionen Barrel täglich weniger ausführt, wiegeln die großen Mineralölkonzerne ab. Sie gehen davon aus, dass das iranische Öl anderswo Abnehmer findet, und dass die Menge des verfügbaren Öls damit insgesamt stabil bleibt. An einen Ölpreisschock wie nach dem Jom-Kippur-Krieg 1973 glaubt niemand.

Werden die Sanktionen den Iran zum Einlenken beim Atomprogramm bewegen?

Das ist bisher lediglich eine Hoffnung. Anders als das Regime in Teheran behauptet, haben die Sanktionen gegen die iranische Ölindustrie und mehr noch gegen den Finanzsektor des Landes bereits erhebliche ökonomische Auswirkungen. So horten die Iraner bereits seit Monaten Devisen, weil die Landeswährung Rial abschmiert und die Inflation explodiert. Es gibt Lieferschwierigkeiten bei Ersatzteilen, die schon zu Schließungen von Fabriken und zu Entlassungen geführt haben. Doch rechnet niemand damit, dass die iranische Führung sich in der Atomfrage kompromissbereit zeigt, jedenfalls nicht vor den Wahlen im März.

Drohen Angriffe des Iran auf Öl-Tanker im Persischen Golf?

Dieses Szenario malen die Iraner weiter an die Wand. Schifffahrtsexperten glauben nicht einmal, dass Teheran überhaupt zu militärischen Mitteln greifen muss, um eine Sperrung der Straße von Hormus, durch die gut ein Fünftel des weltweit gehandelten Öls verschifft wird, zu erreichen. Sobald die Versicherungen eine entsprechende Drohung als glaubwürdig einschätzen, würde wohl kein Tanker mehr den Hafen verlassen dürfen. Eine militärische Absicherung der Öltransporte durch die im Persischen Golf stationierte 5. US-Flotte ist zwar denkbar, die Anzahl der Tanker-Passagen würde sich aber sicherlich drastisch verringern.

Gibt es Alternativen zum Tanker-Transport aus der Golfregion?

Ja. Der Iran hat schon so häufig mit einer Blockade der Tanker-Routen gedroht, dass von den anderen Erdölproduzenten der Region zahlreiche Pipelines gebaut wurden. Diese könnten jedoch wohl nur kurzfristig aushelfen, den fehlenden Transport durch die riesigen Tanker aber nicht über längere Zeit ausgleichen.

Wie ernst sind die Kriegsdrohungen aus Teheran zu nehmen?

Die iranische Führung hat den Golfstaaten zwar düster mit "unkalkulierbaren Konsequenzen" gedroht, falls diese die ausfallenden iranischen Öllieferungen ersetzen. Aber in Teheran weiß man, dass eine militärische Aggression einem Selbstmord des Regimes gleichkäme. Zwar verfügt der Iran trotz aller Sanktionen weiter über eine der größten Armeen der Region, aber die Nachbarstaaten haben zuletzt massiv aufgerüstet und sind teilweise über Bündnisverträge mit den USA abgesichert. US-Präsident Barack Obama hat schon klargemacht, dass Washington bereits die Sperrung der Straße von Hormus als kriegerischen Akt werten würde.

(RP/das)
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