Analyse zu Fotos des getöteten bin Laden Warum Obamas Entscheidung richtig ist

Washington (RPO). US-Präsident Barack Obama hat entschieden: Das Foto des Leichnams von Osama bin Laden wird nicht veröffentlicht. Zu brutal, zu sehr würde es zu einem Sicherheitsrisiko werden, hieß es dazu zur Begründung. Die Entscheidung ist richtig.

Obama verfolgte Einsatz gegen bin Laden
6 Bilder

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Zwar fehlt den zahlreichen Zweiflern und Verschwörungstheoretikern damit ein endgültiger Beweis für den Tod bin Ladens, aber ethisch ist dieser Entschluss durchaus nachvollziehbar. "Wir wollen dieses Material nicht als Trophäe auftischen", sagte Obama am Mittwoch (Ortszeit) dem Sender CBS nach Angaben des Weißen Hauses. Bin Laden sei in den Kopf geschossen worden und das sei auf den Bildern sehr detailgetreu zu sehen. Solche Fotos sollten nicht die Runde machen, damit niemand zu weiterer Gewalt angestiftet werde und sie nicht zu Propagandazwecken missbraucht würden.

Genau vor diesem Dilemma hatte die US-Regierung seit dem Tod bin Ladens gestanden. Durch einen Kopfschuss wurde er getötet, und der US-Sender CNN berichtete schon zuvor, dass eine Aufnahme das Gesicht des Al-Qaida-Chefs sehr nah und deutlich zeigt. Schon im Vorfeld gab es massive Diskussionen auf allen Ebenen, ob man ein solches grausames Bild veröffentlichen soll. Denn ohne Frage ist ein Kopfschuss, auch wenn es wesentlich brutalere Tötungsweisen gibt, grausam anzusehen. Und mancher Betrachter würde es schon rein seelisch nicht verkraften.

Mittel gegen Al-Qaida-Propaganda

Die US-Regierung argumentiert zudem, dass sie nicht wolle, dass ein solches Foto als Propagandamittel missbraucht wird. Genau das ist nämlich zu befürchten. Al Qaida hatte bereits im Vorfeld von den USA Beweise für den Tod bin Ladens gefordert. Doch sie würden ein solches Foto nur für ihre politischen Zwecke missbrauchen. Sie könnten der Welt zeigen: Seht her, wie brutal unser Anführer getötet worden ist - ohne dabei zu erwähnen, unter welchen grausamen Umständen ihre eigenen Opfer ums Leben gekommen sind.

Das birgt die Gefahr, dass bin Laden von seinen Anhängern als Märtyrer hochstilisiert wird und seine Taten, wie eben die Anschläge vom 11. September 2001, bei dem tausende Amerikaner ihr Leben lassen mussten, völlig außer Acht gelassen werden. Dies könnte neue Anschläge nach sich ziehen, die wiederum Menschen das Leben kosten würden. Allein die Emotionen, die solch ein Foto zweifellos auslöst, könnte eine neue Spirale der Gewalt auslösen.

"Tatsache ist, dass hier jemanden die Gerechtigkeit widerfahren ist, die er verdient hat", sagte der Präsident. "Aber wir müssen das nicht ausgelassen feiern. Und ich glaube, dass die Fotos angesichts ihrer Detailtreue einige nationale Risiken heraufbeschwören würden." Auch unter den Mitgliedern der Al Qaida gebe es keinen Zweifel am Tod bin Ladens. "Und deshalb glauben wir nicht, dass ein Foto da noch einen Unterschied machen würde."

Einige zweifeln immer

Das einzige Dilemma, vor dem die US-Regierung nun steht, ist die Tatsache, dass es zahlreiche Menschen gibt, die den Tod bin Ladens leugnen werden - so wie es schon kurz nach dem Angriff geschah. Das sind nicht nur Al Qaida selbst, sondern auch die zahlreichen Verschwörungstheoretiker, die immer dann Konjunktur erhalten, wenn ein Wissensvakuum entsteht.

"Dass bin Laden tot sei, stehe aber außer Frage", beteuert daher auch der Präsident. Die USA hätten verschiedene Tests durchgeführt und das Ergebnis sei klar: "Es gibt keinen Zweifel daran, dass wir Osama bin Laden getötet haben. (...) Sie werden bin Laden auf dieser Erde nicht mehr wandeln sehen."

Und letztlich würde auch die Veröffentlichung eines Fotos die harten Skeptiker nicht davon abhalten, weiter zu erklären, bin Laden sei nicht tot. So, wie es auch mit den Verschwörungstheorien nach dem 11. September gewesen ist. Auch wenn Experten zum Teil hoch wissenschaftlich erklärt haben, wie etwa die Twin Towers zusammenstürzen konnten, so gab es doch immer noch ein paar vereinzelte Zweifler, die eisern an ihren Theorien festhielten.

Ob das Foto bin Ladens allerdings tatsächlich unter Verschluss bleibt, ist fraglich. Denn mehrere US-Abgeordnete hatten bereits erklärt, dass sie die Fotos der Leiche gesehen hätten. Ihre Sprecher mussten später jedoch zurückrudern und erklären, dass es sich wohl nicht um echte Fotos des Leichnams handelte. Allerdings war damals auch das Foto des gehängten irakischen Diktators Saddam Hussein durchgesickert, was die damalige US-Regierung alles andere als erfreut hatte.

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