Wahlen in Schweden Keine stabile Regierung in Sicht

Meinung | Stockholm · In Schweden geht es drunter und drüber. Die vergangene Nacht zeigte ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Moderaten und den Sozialdemokraten – aktuell liegt der bürgerlich-rechte Block vorn. Vor allem die Rechten sind jetzt schon Gewinner und strotzen vor Selbstbewusstsein.

Jimmie Akesson, der Vorsitzende der Schwedendemokraten, hält eine Rede bei der Wahlkampfveranstaltung der Partei. Die rechtspopulistische Partei hat ihr bestes Ergebnis erzielt.

Jimmie Akesson, der Vorsitzende der Schwedendemokraten, hält eine Rede bei der Wahlkampfveranstaltung der Partei. Die rechtspopulistische Partei hat ihr bestes Ergebnis erzielt.

Foto: dpa/Maja Suslin

Eine dramatische Wahlnacht in Schweden: Zuerst sah es nach einem Sieg des linken Blocks, nach einer dritten Kandenzzeit der Sozialdemokraten aus, derzeit führt aber der bürgerlich-rechte Block unter Herausforderer Ulf Kristersson – 176 Sitze werden diesen vier Parteien zugerechnet, einer mehr als den linken vier. „Ich bin bereit alles dafür zu tun, eine neue, stabile und handlungsschwungvolle Regierung für ganz Schweden und alle Mitbürger zu schaffen“, so der Chef der liberal-konservativen Moderaten.

Ein Wunsch, der vielen Schweden aus dem Herzen spricht, schließlich war die sozialdemokratische Minderheitsregierung durch Misstrauensanträge und Konflikte der sie unterstützenden Parteien sehr instabil. Die schwedische Traditionspartei erhielt erneut die meisten Stimmen, über 30 Prozent der Wählerschaft, doch auch Kristersson droht ein Wackelfaktor und zwar einer, der international mit Schlagzeilen wie „Schweden rückt nach rechts“ tituliert wird.

Der 49-Jährige will zusammen mit den kleineren Christdemokraten und den Liberalen eine Koalition bilden. Diese Minderheitsregierung soll toleriert werden durch die rechten Schwedendemokraten, das heißt, dass sie Beschlüsse der Regierungs-Fraktion im Parlament nicht mit Gegenstimmen sabotieren. Die Partei unter Jimmie Akesson hat jedoch den größten Zuwachs erhalten – mehr als drei Prozent – und hat die Moderaten mit über zwanzig Prozent als Nummer zwei abgelöst.

Nicht in Zahlen zu pressen ist jedoch das Selbstbewusstsein, das die Rechten nun entwickeln werden. Sie werden somit nicht brav abnicken wollen, was der bürgerliche Block beschließt. „Kommt es zum Machtwechsel, werden wir eine zentrale Position haben. Unser Ziel ist es, in der Regierung zu sein“, so der 43-jährige Akesson.

Seit 2005 steht er der Partei vor, er verpasste dem ehemaligen unwählbaren Klub von Personen, die teils aus dem Neonazi-Milieu stammten, ein bürgerliches Auftreten, wenn auch die Partei offiziell weiterhin einen „nationalistischen Charakter“ hat. Kristersson hatte mit ihnen offiziell seit zwei Jahren Kontakt aufgenommen, an ihnen konnte er nicht mehr vorbei.

Sie vertreten radikale Lösungen wie das Ausweisen von Straftätern in die Gefängnisse ihrer Herkunftsländer, versprechen jedoch auch deutliches Senken der Benzinkosten. Die Schwedendemokraten waren die ersten, die Einwanderung mit Problemen der Bandenkriminalität verbunden haben; die regierenden Sozialdemokraten gestanden dies erst vor zwei Jahren ein. Derzeit versprachen fast alle Parteien mehr „Law und Order“ in den Vororten. Die Bandenkriege sind Schwedens erstes Wahlthema gewesen, 280 Schießereien mit 47 Toten haben das Land verunsichert.

Doch sollte Kristersson sich breit schlagen lassen und den Rechten ein Ministeramt anbieten, werden die Liberalen aussteigen. Eine Tolerierung der Schwedendemokraten hat die Partei fast zerrissen, die gerade mal über die Vier-Prozent-Hürde kam. Schweden erwartet nun eine lange Auseinandersetzung zwischen den Parteien über das, was der Demokratie noch zuzumuten ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort