Vor der Abstimmung Reform des EU-Urheberrechts spaltet Europaparlament

Straßburg · Seit Monaten wird heftig über mögliche Neuerungen im Copyright auf EU-Ebene gestritten. Voss ist für einen Kompromissvorschlag, Kritiker sehen darin eine Bedrohung für das freie Internet.

  Auf einer Internetseite ist ein Button zum «Datenschutz und Sicherheit» zu sehen. (Symbolbild)

Auf einer Internetseite ist ein Button zum «Datenschutz und Sicherheit» zu sehen. (Symbolbild)

Foto: dpa/Patrick Pleul

Kurz vor einer wichtigen Abstimmung am Mittwoch hat das EU-Parlament heftig über die Reform des europäischen Urheberrechts gestritten. Berichterstatter Axel Voss verteidigte am Dienstag im Straßburger Plenum seinen Kompromissvorschlag für die Reform und rief zu einer konstruktiven Zusammenarbeit auf. „Ich finde, wir sollten anfangen, an der Seite unserer Künstler zu stehen“, sagte der CDU-Politiker.

Zugleich wies er Vorwürfe zurück, seine Vorschläge würden das freie Internet bedrohen und zu Zensur führen. „Es geht nicht darum, jemanden zu behindern, seine Werke (...) hochzuladen.“ Stattdessen müsse ein besseres Gleichgewicht zwischen Künstlern und mächtigen Plattformen wie YouTube und Google geschaffen werden.

Am Mittwoch stimmt das Europaparlament über eine gemeinsame Position bei der Reform ab, mit der es anschließend in die Verhandlungen mit den EU-Staaten gehen könnte. Etliche Politiker aus verschiedenen Fraktionen äußerten jedoch Kritik an Voss' Kompromissvorschlag und kündigten an, diesen nicht unterstützen zu werden.

Die Reform, die die EU-Kommission 2016 angestoßen hatte, spaltet das Parlament seit Monaten. Im Juli hatten die Parlamentarier den Vorschlag von Voss noch mit knapper Mehrheit zurückgewiesen. Besonders kontrovers sind zwei mögliche Neuerungen: die Einführung des Leistungsschutzrechts für Verleger sowie sogenannte Upload-Filter bei Plattformen wie YouTube.

Max Andersson von den schwedischen Grünen warnte, Voss' Vorschlag würde zu Upload-Filtern führen, durch die viele Internetseiten bedroht werden könnten. Der SPD-Politiker Tiemo Wölken sprach von „genereller Filterpflicht“.

Auch die deutschsprachige Wikipedia rief am Dienstag zum Protest gegen die geplante Reform auf und war nicht wie gewohnt erreichbar. Stattdessen erschien auf der freien Internet-Enzyklopädie eine Vorschaltseite, auf der ein „zeitgemäßes Urheberrecht“ gefordert wurde. Sowohl Upload-Filter als auch das Leistungsschutzrecht bergen der Wikimedia Foundation zufolge „Risiken für freies Wissen und Austausch im Netz“.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) zeigten kein Verständnis dafür, dass Wikimedia erneut eine Behauptung wiederhole, die bereits im Juli falsch gewesen sei. Der am Mittwoch abzustimmende Entwurfs stelle klar, dass Online-Enzyklopädien wie Wikipedia nicht von den Vorschriften über die Plattformverantwortlichkeit erfasst seien.

In Bezug auf das Verlegerrecht werde die Nutzung durch Einzelpersonen und Hyperlinks ausdrücklich aus dem Geltungsbereich ausgeschlossen, also auch Nachweislinks aus Wikipedia. Auch das Zitatrecht, auf das sich auch Wikipedia-Autoren berufen könnten, bleibe unberührt.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sprach sich ebenso für die Reform aus. „Es geht um nicht weniger als um die Perspektive für die kreativen Berufe in Europa“, so DJV-Hauptgeschäftsführer Kajo Döhring am Dienstag. Das EU-Parlament sei aufgerufen, die Stellung der Urheber gegenüber den marktbeherrschenden Internetkonzernen zu stärken.

Aus Sicht des Digitalverbands Bitkom geht die Reform hingegen in die falsche Richtung. „Die EU versucht mit dieser Richtlinie, die digitale Uhr zurückzudrehen. Die Richtlinie ist rückwärtsgewandt und dient primär dem Schutz traditioneller Industrien“, kritisierte Bitkom-Präsident Achim Berg. Dabei bremse sie die Digitalisierung der Gesellschaft und beschädige die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in Deutschland und der EU. „Mit der geplanten Einführung von Upload-Filtern würde die EU erstmals die Grenze zur Zensur überschreiten und massiv in den verfassungsrechtlich geschützten Bereich der freien Meinungsäußerung eingreifen“, erklärte Berg.

Auch Mozilla warnte am Dienstag nochmals. „Dieser verhängnisvolle Vorschlag würde ein Ende offener Plattformen bedeuten, auf denen kreative Inhalte entstehen“, teilte der Betreiber des Browsers Firefox mit. Vor allem würde die Dominanz einer kleinen Gruppe von bereits mächtigen Tech-Konzernen nur noch weiter gefestigt, schreibt Mozilla-Rechstexpertin Raegan MacDonald in einem Blog-Beitrag.

(ubg/dpa)
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