Eine Überläuferin berichtet Von der Grundschulehrerin zur IS-Kämpferin

Washington · Schon unzählige Kämpfer auch aus dem Ausland haben sich der Terrormiliz IS angeschlossen. Darunter befindet sich auch so manche Frau. So wie "Kahadija". Die Grundschullehrerin aus Syrien schloss sich einst den Dschihadisten an. Doch heute will sie alle junge Frauen vor dem IS warnen.

IS-Flaggen wehen über dem Stadtrand von Kobane
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Es ist das erste Mal, dass sie ihre Geschichte der Öffentlichkeit erzählt, schreibt der Sender CNN auf seiner Webseite. Und sie will es tun, um allen Frauen die Wahrheit über die Terrormiliz IS zu erzählen. "Ich will nicht, dass irgendjemand von diesen betrogen wird. Zu viele Mädchen glauben, dass sie der richtige Islam sind", sagte die 25-Jährige dem US-Sender.

"Khadija", wie sie sich selbst nennt, weiß, wovon sie spricht. Sie selbst hat einst den Versprechen der IS geglaubt, schloss sich der gefürchteten Frauenbrigade Khansa'a an, die auf den Straßen kontrollierten, ob die Frauen auch richtig verhüllt seien. Doch die Brutalität der IS-Kämpfer und ihre eigene Veränderung erschreckten sie irgendwann derart, dass sie beschloss zu fliehen.

In Raqqa der Frauenbrigade angeschlossen

"Khadija" kommt ursprünglich aus Syrien, aus einem nicht sonderlich konservativem Elternhaus, wie sie CNN sagt. Sie macht ihren Universitätsabschluss und arbeitet schließlich als Grundschullehrerin. Als die Proteste gegen die Assad-Regierung begannen, ging auch die junge Frau auf die Straße. "Die Sicherheitskräfte jagten uns. Wir schrieben auf Wände, hatten unterschiedliche Kleidung, um sie zu wechseln. Diese Zeit war großartig."

Doch mehr und mehr wurde aus Protest Chaos, der Bürgerkrieg griff um sich. Das sei die Zeit gewesen, als sie ihre Seele und Menschlichkeit verloren haben, sagt "Khadija". Man habe nur noch wegrennen wollen damals, erklärt sie. "Mein Problem war, dass ich fortgelaufen bin zu etwas viel Hässlicherem."

Im Internet hatte sie einen Tunesier kennengelernt, der sie versuchte, für den IS zu gewinnen. Es sei keine Terrororganisation, habe er ihr gesagt. Die Miliz müsse nur jetzt so hart sein, damit man wieder die Kontrolle über das Land bekomme. Als sie schließlich mit ihrer Cousine gesprochen habe, deren Mann dem IS angehört, habe diese ihr vorgeschlagen, sich doch der Frauenbrigade anzuschließen. Also überredete die junge Frau ihre Familie, nach Raqqa zu ziehen, der IS-"Hauptstadt". Und dort schloss sie sich letztlich der Brigade an.

"Ich begann mich vor mir selbst zu fürchten"

Ihre Mutter habe sie gewarnt, doch das habe sie ignoriert. Sie sei an der Waffe geschult worden, bekam Essensrationen und 200 Dollar pro Monat. "Am Anfang war ich glücklich mit meinem Job", sagte sie CNN. "Ich fühlte mich, als habe ich Autorität in den Straßen. Aber dann begann ich mich zu fürchten, fürchten wegen meiner Situation. Und ich begann auch, mich vor mir selbst zu fürchten."

Immer wieder habe sie sich gesagt: "Ich bin nicht so", "ich sollte so nicht sein", "was passiert mit mir?". Sie habe Frauen gesehen, die ausgepeitscht wurden, weil sie nicht die richtige Kleidung trugen. Sie habe gesehen, wie einem Mann direkt vor ihren Augen der Kopf abgeschlagen wurde. Und sie habe gesehen, wie brutal die IS-Kämpfer mit Frauen und Ehefrauen umgingen. Misshandlungen habe es immer wieder gegeben.

Und genau das war der Punkt, an dem sie beschloss zu fliehen. Denn ihr Kommandeur wollte auch sie an einen IS-Kämpfer verheiraten. Ein paar Tage, bevor die Luftschläge der USA begannen, gelang es ihr schließlich zu fliehen. Sie wurde über die Grenze in die Türkei geschmuggelt. Ihre Familie aber, die lebt immer noch in Syrien.

(das)
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