Explosion während Rede Venezuela meldet Anschlag auf Präsidenten Maduro

Caracas · Während einer Militärparade in Venezuela kommt es zu einer Explosion. Sieben Menschen werden verletzt, Präsident Maduro in Sicherheit gebracht. Die Regierung spricht von einem Anschlag - und beschuldigt Kolumbien.

Venezuela: Explosion während Rede von Präsident Nicolas Maduro
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Anschlag auf Venezuelas Präsidenten Maduro

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Foto: dpa/Miraflores Presidential Palace

Der Präsident des krisengeschüttelten Venezuelas, Nicolás Maduro, ist nach Regierungsangaben einem Mordanschlag mit Drohnen unverletzt entgangen. Im Staatsfernsehen war mindestens eine Explosion zu hören, während Maduro am Samstag vor Tausenden Mitgliedern der Nationalgarde auf einer Straße in Caracas eine Rede hielt. Das Fernsehen zeigte Bilder, wie Leibwächter sich hektisch bemühen, den Staatschef mit schusssicheren Matten abzuschirmen und von der Bühne zu geleiten, während Hunderte Soldaten Deckung suchend vom Platz flüchten.

Nach Behördenangaben sind sechs Menschen festgenommen worden. Dabei seien auch mehrere Fahrzeuge beschlagnahmt worden, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur AVN Innenminister Néstor Reverol am Sonntag in Caracas. Bei dem Einsatz seien auch Beweise sichergestellt worden.

Maduro bezichtigte den scheidenden Präsidenten des Nachbarlandes Kolumbien, Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos, sowie rechte Kräfte auch in den USA, Drahtzieher des Komplotts zu sein. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist in Venezuela kaum möglich. Viele Menschen in dem verarmten Krisenland zweifeln generell am Wahrheitsgehalt amtlicher Mitteilungen.

"Ein Teil der Verantwortlichen dieses Attentats ist bereits gefasst worden", sagte Maduro kurz nach dem Zwischenfall. Wie dieser schnelle Fahndungserfolg möglich wurde, blieb offen. Er sei sich sicher, dass man ihn habe ermorden wollen. "Ich hege keine Zweifel, dass dahinter "ultrarechte Kreise in Venenzuela gemeinsam mit ultrarechten Kräften Kolumbiens und Juan Manuel Santos stecken", fügte der Sozialist hinzu. Auch Exilvenezolaner in den USA seien beteiligt.

Erste Erkenntnisse zeigten, dass die Geldgeber in Florida säßen, sagte Maduro. "Ich hoffe, dass Trumps Regierung bereit ist, diese Terrorgruppen zu bekämpfen", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur AVN den Sozialisten. Beweise wurden nicht vorgelegt. Generalstaatsanwalt Tarek William Saab kündigte für Montag nähere Angaben an.

Zweifel an der offiziellen Version von einem Mordanschlag kamen schnell auf. Die Nachrichtenagentur AP berichtete, Feuerwehrleute vor Ort hätten der Darstellung der Regierung widersprochen. Tatsächlich sei nur ein Gastank in einem nahe gelegenen Gebäude explodiert.
Oppositionelle äußerten in Medien die Befürchtung, dass der wegen einer extremen Wirtschafts- und Sozialkrise unter Druck stehende Maduro nun noch härter gegen seine politischen Gegner vorgehen werde.

Kolumbiens Regierung wies die Vorwürfe kategorisch zurück. "Das entbehrt jeder Grundlage", sagte ein Sprecher in Bogotá. Santos übergibt an diesem Dienstag das Amt an seinen gewählten Nachfolger, den konservativen Iván Duque. Santos kritisiert seit langem die Politik des autoritär regierenden Sozialisten Maduro, und die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern liegen auf Eis.

Der Vorfall in Caracas wurde teilweise im Staatsfernsehen übertragen.
Maduro unterbrach seine Rede nach einem lauten Knall. Viele Menschen schienen erschreckt in den Himmel zu starren. Auf Bildern des Fernsehsenders VTV war später ein blutüberströmter Soldat zu sehen.
Nach Angaben des Regierungssprechers waren mehrere mit Sprengstoff bestückte Drohnen eingesetzt worden.

Eine bisher unbekannte Gruppe "Soldados de Franelas" (Flanell-Soldaten) schrieb auf Twitter, sie habe den Anschlag verübt.
"Es ging darum, zwei Drohnen mit (Sprengstoff) C4 zum Podest des Präsidenten zu fliegen, aber Scharfschützen der Ehrenwache schossen die beiden Drohnen ab, bevor sie ihr Ziel erreichten", schrieb die Gruppe. "Wir haben gezeigt, dass sie verwundbar sind, heute ist es nicht gelungen, aber das ist nur eine Frage der Zeit", schrieben die Autoren, die sich selbst als "patriotische Militärs und Zivilisten" bezeichnen. Eine Überprüfung ihrer Angaben war nicht möglich.

Schon im Juni vergangenen Jahres war es nach offiziellen Angaben zu einem Anschlag in Caracas gekommen, als der Polizeipilot Oscar Pérez einen Hubschrauber kaperte und Granaten auf das Innenministerium abfeuerte. Vergangenen Januar wurde er offiziellen Angaben zufolge bei Caracas vom Militär getötet.

Mit der Regierung in Caracas befreundete sozialistische Staaten wie Bolivien, Kuba und Nicaragua solidarisierten sich mit Maduro. Das sei das Werk von "Terroristen" und "Kriminellen", sagte Nicaraguas Regierungssprecherin Rosario Murillo, die Frau von Staatschef Daniel Ortega. Auch die Türkei verurteilte den "Angriff", der "große Sorge" in Ankara ausgelöst habe. "Wir verurteilten den abscheulichen Anschlag aus Schärfste". Das russische Außenministerium verurteilte den Vorfall. Terror sei als Mittel der politischen Auseinandersetzung inakzeptabel, hieß es in einer Mitteilung. Russland unterhält enge Beziehungen zu Maduro und seiner Führung.

Venezuela leidet seit langem unter einer schweren Wirtschafts- und Versorgungskrise, internationale Organisationen warnen vor einer humanitären Notlage. Das Land mit den größten Ölreserven der Welt kämpft mit einer Hyperinflation, das heißt, die Preise explodieren, und damit verliert das Geld rasant an Wert. Wegen fehlender Devisen kann Venezuela kaum noch Lebensmittel und Medikamente importieren.
Hunderttausende Venezolaner sind in den vergangenen Monaten vor Elend und Unterdrückung in die Nachbarstaaten geflohen.

Zuletzt prognostizierte der Internationale Währungsfonds (IWF) für das laufende Jahr eine Inflationsrate von einer Million Prozent. Die Wirtschaftsleistung könnte zudem um 18 Prozent einbrechen.

Kritiker werfen Maduro vor, er wolle eine Diktatur errichten. Im vergangenen Jahr schaltete der Sozialist das von der Opposition kontrollierte Parlament aus, im Mai ließ er sich für eine weitere fünfjährige Amtszeit bei einer umstrittenen Wahl im Amt bestätigen.

Die wichtigsten Oppositionsführer sind im Gefängnis, im Exil oder wurden von der Abstimmung ausgeschlossen. Die Wahl wurde von der Europäischen Union, den USA und vielen Nachbarstaaten nicht anerkannt.

(felt/das/dpa/AFP/AP)
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