Lage in Venezuela spitzt sich zu 16-Jähriger bei Protesten durch Kopfschuss getötet

Caracas · Es ist das fünfte Todesopfer seit Beginn des zweitägigen Generalstreiks: In Venezuela ist ein 16-jähriger Demonstrant durch einen Kopfschuss getötet worden. Derweil fordern die USA Diplomatenfamilien auf, das Land zu verlassen.

 Demonstranten in Venezuela.

Demonstranten in Venezuela.

Foto: rtr, IA/KV

Der 16-Jährige sei am Donnerstag (Ortszeit) gestorben, nachdem er am Mittwoch einen Kopfschuss erlitten hatte, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Bereits am Mittwoch waren bei den Protesten der Regierungsgegner drei Menschen getötet worden, am Donnerstag kam zudem ein 49-jähriger Demonstrant ums Leben. Die Zahl der Todesopfer seit Beginn der Protestwelle gegen Staatschef Nicolás Maduro Anfang April erhöhte sich somit auf 108.

Wegen einer befürchteten Gewalteskalation in dem Ölstaat hat die US-Regierung derweil Familien von Diplomaten aufgefordert, das Land zu verlassen. Das teilte das Außenministerium in Washington am Donnerstagabend (Ortszeit) mit.

Im Konflikt um eine Verfassungsreform will die Opposition am Freitag mit Massenprotesten im ganzen Land ein von der Regierung erlassenes Demonstrationsverbot ignorieren. Das Oppositionsbündnis Mesa de la Unidad Democrática (MUD) rief zur "Einnahme von Venezuela" auf.

Ein Land am Rande des Ruins

Das seit 1999 von Sozialisten regierte Land mit den größten Ölreserven der Welt steht nach Jahren der Misswirtschaft am Rande des Ruins. Gewalt, Lebensmittel- und Medizinmangel prägen den Alltag. Der sozialistische Präsident Nicolás Maduro bot dem MUD einen Dialog an — Bedingung der Opposition sind aber sein Abschied von der Macht, eine Absage der Verfassungsreform und Neuwahlen. Beobachter rechnen mit einer Eskalation, wenn am Sonntag die Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung stattfindet.

Durch die Bevorzugung von Vertretern der Arbeiterklasse wird mit einer Mehrheit für Sympathisanten Maduros gerechnet. Die Opposition fürchtet den Umbau zu einer Diktatur über den Hebel der Reform. Gewählt werden 545 Mitglieder der verfassungsgebenden Versammlung.

Davon vertreten 364 Mitglieder jeden Kommunalbezirk im Land — hierfür stehen 3200 Kandidaten zur Wahl. Aufgestellt wurden viele Vertreter der Partido Socialista Unido de Venezuela, auch Maduros Ehefrau Cilia Flores. Dazu kommen 181 Personen aus Sektoren, die vorwiegend den Sozialisten nahestehen: Arbeiter, Studenten, Rentner und Bauern.

Airlines stellen Flugverkehr ein

Mittlerweile haben zehn Fluggesellschaften den Flugverkehr nach Caracas eingestellt, Zehntausende Menschen sind geflüchtet. Maduro hat angekündigt, das von Hugo Chávez 1999 begonnen sozialistische Experiment notfalls auch mit Waffengewalt verteidigen zu wollen, die Wahl sollen 232 000 Sicherheitskräfte schützen.

Die Opposition will die Wahl am Sonntag boykottieren — in einem symbolischen Referendum hatten sich mehr als sieben Millionen Menschen geben die Pläne ausgesprochen.

(das/AFP/dpa)
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