USA Was die Kongresswahlen verändern könnten

Washington · Sollten sich die Vorhersagen der Meinungsforscher für die US-Kongresswahlen bewahrheiten, dann werden Barack Obamas Demokraten nach dem Repräsentantenhaus auch die Mehrheit im Senat verlieren. Der Präsident muss eine weitere Einschränkung seines Handlungsspielraums fürchten. Aber was genau würde es für die US-Politik bedeuten, wenn die Republikaner erstmals seit 2006 wieder beide Kongresskammern kontrollieren?

Das sind die spannensten Rennen bei den US-Kongresswahlen
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Das sind die spannensten Rennen bei den US-Kongresswahlen

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Schafft Obamas Demokratische Partei die Überraschung und wendet sie den vermuteten Mehrheitsverlust im Senat doch noch ab? Kurz vor der Abstimmung am Dienstag mobilisierten Demokraten und Republikaner nochmals alle Kräfte, um Wähler von ihrer Politik zu überzeugen. Spannend ist am Wahltag, an dem die US-Bürger über Repräsentantenhaus, Senat sowie 36 Gouverneure abstimmen, vor allem das Rennen um die Macht im Senat: Dort fehlen den Republikanern sechs Sitze, um die Mehrheit von der Partei des US-Präsidenten zu erobern. Die zweite Kongresskammer, das Repräsentantenhaus, hat die Opposition bereits seit 2010 inne. Dort dürfte die Republikanische Partei ihren Vorsprung Umfragen zufolge weiter ausbauen.

Sollten die Republikaner nach den Wahlen wieder beide Kongresskammern kontrollieren, dürfte das einige Auswirkungen auf die US-Politik haben.

Innenpolitik

Obama müsste die großen Vorhaben seiner zweiten Amtszeit wie eine umfassende Einwanderungsreform wohl endgültig begraben. Stattdessen würden die Republikaner die legislative Agenda setzen. Der mögliche republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, kündigte im Vorfeld der Kongresswahlen bereits an, Regulierungen beim Umwelt- und Klimaschutz abbauen sowie die unter Konservativen verhasste Gesundheitsreform Obamacare beschneiden zu wollen.

Die Republikaner könnten auch versuchen, die nach der Finanzkrise erlassenen schärferen Vorschriften für die Wall Street teilweise zurückzunehmen. Außerdem dürften sie dafür sorgen, dass die von Umweltschützern kritisierte Ölpipeline Keystone XL von Kanada an die texanische Golfküste gebaut würde.

Allerdings blieben den Demokraten zwei Einflussmöglichkeiten. Zunächst könnten sie mit den Filibuster genannten Dauerreden unliebsame Gesetzentwürfe im Senat verhindern — es sei denn, die Republikaner erringen eine Mehrheit von 60 der 100 Senatoren. Außerdem könnte Obama Gesetze mit einem Veto blockieren. Radikale Vorstöße der Republikaner wie eine vollständige Rücknahme der Gesundheitsreform dürften daher scheitern.

Haushalt

Ein politischer Dauerbrenner in Washington war in den vergangenen Jahren der Streit um die Staatsfinanzen, der das Land mehrfach an den Rand der Zahlungsunfähigkeit brachte. Die Republikaner forderten dabei niedrigere Steuern und heftige Kürzungen bei den Staatsausgaben. An dieser Linie dürften sie grundsätzlich festhalten. Allerdings spricht einiges dafür, dass sich die Grand Old Party nach einer Machtübernahme im Senat kompromissbereiter zeigen würde. Schließlich läge die Hauptverantwortung bei ihnen, ein Budget durch den Kongress zu bringen.

Gleiches gilt für die Erhöhung des staatlichen Schuldenlimits, das die Republikaner immer wieder als politisches Druckmittel einsetzten. Als Mehrheitspartei stünden sie viel stärker in der Pflicht, wenn der Kongress in der ersten Jahreshälfte 2015 erneut eine Ausweitung des US-Kreditrahmens genehmigen muss. Die Republikaner dürften die Kontrolle über den Haushalt aber auch als Hebel nutzen, um ihre politischen Vorstellungen durchzusetzen — und missliebigen Programmen der Obama-Regierung die Mittel streichen.

Außenpolitik

Die Außenpolitik ist in den USA eine Domäne des Präsidenten, dem Senat fällt dennoch eine wichtige Rolle zu. Internationale Abkommen müssen beispielsweise von der Kongresskammer ratifiziert werden. Ein von den Republikanern dominiertes Parlament würde die Regierung zu einer härteren Linie in internationalen Konflikten drängen. Im Atomstreit mit dem Iran drohen insbesondere republikanische Volksvertreter Teheran mit schärferen Sanktionen. Bislang konnten die Demokraten im Senat dies auf Wunsch des Weißen Hauses abwenden, das sich um ein Abkommen mit der iranischen Regierung bemüht.

Das geplante transatlantische Freihandelsabkommen könnte dagegen durch eine republikanische Mehrheit in beiden Kongresskammern einen Schub erhalten: Der Senat und das Repräsentantenhaus könnten Obamas Regierung ein beschleunigtes Verhandlungsmandat erteilen. Der republikanische Senator Bob Corker, der als neuer Vorsitzender des mächtigen Ausschusses für Auswärtige Beziehungen im Gespräch ist, hat sich für einen schnellen Abschluss des TTIP genannten Abkommens ausgesprochen.

Bestätigung von Bundesrichtern

Spürbar wäre ein Machtwechsel im Senat bei Personalentscheidungen, die einer Zustimmung der Kongresskammer bedürfen. Dies gilt vor allem für die Neubesetzung von vakanten Posten an Bundesgerichten, die mit ihren Urteilen zu heiklen Fragen wie der Homoehe auch politisches Gewicht haben. Für Obama würde es praktisch unmöglich werden, linksliberal gesinnte Juristen in hohe Richterämter zu hieven. Besonders relevant wäre dies, sollte einer der neun Richter am Supreme Court zurücktreten oder sterben. Der Oberste Gerichtshof ist in ein konservatives und ein liberales Lager gespalten.

(AFP/ap)
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