London gegen Krieg USA verlieren Verbündeten - Iran rüstet

London (rpo). Die US-Regierung droht dem Iran, während dieser die Inbetriebnahme einer Fabrik zur Herstellung von Uranerzkonzentrat ankündigt. Der enge Verbündeter der USA aus dem Irak-Krieg hält sich komplett bedeckt. Der britische Außenminister Jack Straw erklärte jetzt, er mache sich für eine diplomatische Lösung im iranischen Atom-Streit stark. Er setze anders als im Irak-Konflikt auf eine intensive europäische Zusammenarbeit. Straw hat ein Anti-Kriegs-Dossier ausgearbeitet.

Iran will innerhalb eines Jahres die Arbeit in der Fabrik zur Herstellung von Uranerzkonzentrat aufnehmen. Dies erklärte am Sonntag der Leiter des iranischen Atomprogramms, Gholamresa Aghasadeh. Der staatliche Rundfunk zitierte ihn mit der Bemerkung, die Anlage werde im nächsten iranischen Kalenderjahr, das am 21. März beginnt, in der Hafenstadt Bandar Abbas eröffnet.

Uranerzkonzentrat wird auch als Yellow Cake bezeichnet und gilt als eine der Vorstufen zur Urananreicherung. Das Uranerzkonzentrat kann dann zu Uranhexafluorid verarbeitet werden, das in Gasform für die Urananreicherung verwendet werden kann. In niedriger Form kann das angereicherte Uran als Brennstoff in Kernkraftwerken eingesetzt werden, bei weiterer Anreicherung auch als Material für Atombomben.

Mögliche Beteiligung Londons

Sollte sich Washington nun zu einem Angriff auf den Iran entschließen, dürfte London nach Einschätzung von Experten die Gefolgschaft verweigern.

Straw habe ein Dossier mit Argumenten gegen einen militärischen US-Einsatz im Iran ausgearbeitet, berichtete die britische "Sunday Times". In dem 200 Seiten dicken Bericht schließe der Minister im Atomstreit mit dem Iran einen Angriff aus und plädiere für eine Lösung durch Verhandlungen. Dies wolle Regierungschef Tony Blair auch gegenüber US-Präsident George W. Bush deutlich machen. Der britische Chefdiplomat weiß, wovon er spricht: Schließlich bildet er mit Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) und dem Franzosen Michel Barnier die so genannte europäische Troika, die sich in langwierigen Verhandlungen mit Teheran um eine friedliche Beilegung des Atomstreits bemüht.

Nach derzeitiger Lage würde sich London bei einem US-Angriff auf den Iran "bestenfalls" in Schweigen hüllen, "schlimmstenfalls" aber auch offen dagegen stellen, meint der Iran-Experte Gary Samore vom renommierten Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS). Auch für die Regierung von US-Präsident George W. Bush sei eine Militärattacke keine "sehr verlockende Option". Zwar prüfe das Pentagon derzeit die Möglichkeiten für Präventivangriffe gegen atomare und Raketen-Anlagen im Iran, es gebe aber zahlreiche praktische und politische Hindernisse.

Spiel mit der Angst des Gegners

Möglicherweise seien die amerikanischen Drohungen aber auch Teil eines diplomatischen Pokers, sagt Samore. "Die USA glauben, dass die Iraner noch ernsthafter (mit den Europäern) verhandeln werden, wenn sie Angst vor einem Angriff haben." Gleichzeitig werde dadurch indirekt der Druck auf Großbritannien, Deutschland und Frankreich erhöht, ihr Bestes zu geben, damit tatsächlich eine diplomatische Lösung gefunden werde. Ohne dass sich die westlichen Mächte dabei abgesprochen hätten, nehmen die USA nach Einschätzung Samores die Rolle der "bad cops" ein, während die euorpäische Troika die der "good cops" spielten.

London könnte seine Haltung allenfalls ändern, wenn die britische Bevölkerung dies tue, sagt der IISS-Experte Samore - die iranische Regierung wegen ihres Beharrens auf einem Atomprogramm also als "unvernünftig und mit allen Wassern gewaschen" wahrnähme. Dann könnte die Regierung von Tony Blair geneigt sein, einen US-Angriff zu billigen oder ihn zumindest nicht zu hintertreiben.

Auch Katarina Dalacouria von der London School of Economics (LSE) geht davon aus, dass sich Großbritannien nicht an einem Militäreinsatz im Iran beteiligen würde. Vor allem nicht nach der Kritik, die es wegen des Irak-Kriegs gehagelt habe. Ein neuer Waffengang an der Seite der USA wäre zudem sehr schädlich für die Beziehungen Londons zu seinen europäischen Parntern, betont Dalacouria. Beim Thema Iran seien London und Washington einfach nicht auf derselben Wellenlänge, fasst Julie Smith von der Universität Cambridge zusammen.

(afp)
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