Kongresswahlen in den USA Eine Schicksalsfrage für Trump

Washington · Breite Brust oder böses Erwachen, US-Präsident Trump weiß an diesem Mittwoch, wie schwierig für ihn das Weiterregieren wird. Seine Strategie setzte auf Konfrontation und Nationalismus. Ging sie auf?

 US-Präsident Donald Trump spricht während einer Wahlkampf-Kundgebung (Archiv).

US-Präsident Donald Trump spricht während einer Wahlkampf-Kundgebung (Archiv).

Foto: AP/Jeff Roberson

Die USA haben in einer aufgeheizten politischen Atmosphäre ein neues Parlament gewählt. Nach zwei Jahren im Amt sieht US-Präsident Donald Trump in den Wahlen auch eine Abstimmung über seine Politik des „America first“ (Amerika zuerst), die das Land stark polarisiert. Am Mittwoch steht fest, ob Trump mit einer Mehrheit seiner Republikaner im Kongress auch künftig weitgehend ungehindert regieren kann. Er will neue Steuersenkungen angehen, die versprochene Grenzmauer zu Mexiko bauen, konservative Richter ernennen und den Grundstein für seine Wiederwahl 2020 legen.

Die oppositionellen Demokraten rechneten sich Chancen aus, wenigstens eine der - wenn nicht sogar beide Parlamentskammern - zu erobern und damit ein Gegengewicht zu Trump bilden zu können.

Ein Wahlsieg und eine Hausmacht in Washington würden Trump auch den Rücken stärken im Umgang mit der EU und den Nato-Verbündeten, im Handelsstreit mit China sowie in den Konflikten mit dem Iran und Nordkorea.

Die letzten Wahllokale auf Hawaii sollten an diesem Mittwoch um 6.00 Uhr MEZ schließen. Mit aussagekräftigen Ergebnissen wurde erst am frühen Mittwochmorgen MEZ gerechnet. Bei den Zwischenwahlen, den sogenannten Midterms, wurden alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus und 35 der 100 Sitze im Senat vergeben. Die US-Medien berichteten von Rekordzahlen an Frühwählern, was auf eine höhere Wahlbeteiligung hindeuten könnte. Meinungsforscher warnten vor der Abstimmung davor, sich zu sehr auf Umfragen zu verlassen.

Die traditionelle Abstimmung zur Hälfte der Amtszeit eines Präsidenten ist immer auch ein Referendum über dessen Politik, so auch im Fall von Trump. Der 72-Jährige war bis zum Schluss des Wahlkampfes im Dauereinsatz. Bei einer eng getakteten Serie von Wahlkampfauftritten versuchte er, seine Anhänger mit Warnungen vor den oppositionellen Demokraten zu mobilisieren. Seine Wahlkampagne habe auf „dunklen Themen“ beruht wie Angstmacherei, Nationalismus sowie Feindseligkeit gegen Einwanderer, zog die „New York Times“ am Dienstag Bilanz. Es sei damit die am stärksten polarisierte Zwischenwahl seit den Bürgerkriegen (1861 bis 1865) gewesen.

Trump absolvierte am letzten Tag vor der Wahl noch drei Auftritte in drei Staaten. Dort versuchte er, mit seinen üblichen Attacken gegen die Demokraten und gegen die Medien zu punkten - und mit Lobeshymnen auf die Verdienste seiner Regierung. „Sie wissen, dass ich sogar mehr Versprechen gehalten habe, als ich gegeben habe“, sagte er.

Die Demokraten geißelte Trump als eine Gefahr für die Wirtschaft und die Zukunft des Landes. Sie wollten Steuern erhöhen, und sie ermunterten illegale Einwanderer, ins Land zu kommen und gegen US-Gesetze zu verstoßen. Die Absichten der Demokraten seien ein „sozialistischer Alptraum“. Trump warnte auch vor Wahlfälschung. Belege für seine Vorwürfe lieferte er wie so oft aber nicht. Der Präsident hat nach einer Statistik der „Washington Post“ in 649 Amtstagen 6420 falsche oder irreführende Angaben gemacht.

Bei den Kongresswahlen in der Mitte zwischen zwei Präsidentschaftswahlen bekommt meist die Regierungspartei einen Denkzettel verpasst. Tatsächlich mussten Trumps Republikaner trotz guter Wirtschaftsdaten laut Umfragen befürchten, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu verlieren. Dafür müssten die Demokraten 23 Sitze zulegen. Im Senat - der zweiten Kammer des US-Parlaments - zeichnete sich ab, dass die Republikaner ihren knappen Vorsprung von derzeit 51 zu 49 Sitzen halten können. Sollte es zu einem Patt von 50 zu 50 Sitzen kommen, könnte Vizepräsident Mike Pence bei Abstimmungen im Senat seine Stimme zugunsten der Republikaner abgeben.

Schon eine Mehrheit der Demokraten im Abgeordnetenhaus könnte für Trump unangenehm werden. Die Demokraten könnten dann zahlreiche Untersuchungen gegen ihn einleiten. Deren Ergebnisse könnten die Grundlage für ein Amtsenthebungsverfahren („Impeachment“) bilden, das mit der einfachen Mehrheit im Repräsentantenhaus beschlossen werden kann. Entschieden würde über eine Amtsenthebung allerdings im Senat, wofür dort eine Zweidrittelmehrheit nötig wäre. Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine solche Mehrheit nicht abzusehen.

In dem hoch konfrontativen Wahlkampf hatte Trump das Thema Migration sehr in den Mittelpunkt gerückt. Wegen eines Marsches lateinamerikanischer Migranten in Richtung USA schickte er medienwirksam Tausende US-Soldaten an die Grenze zu Mexiko. Trump sprach von einer „Invasion“ und behauptete, unter den Migranten seien Kriminelle und Menschen aus dem Nahen Osten.

Trumps Gegner warfen ihm vor, mit solchen Äußerungen gesellschaftliche Gräben zu vergrößern und das politische Klima zu vergiften. In den Wochen vor der Wahl hatte ein fanatischer Trump-Anhänger Briefbomben an Kritiker des Präsidenten geschickt. Außerdem hatte in Pittsburgh ein Rechtsradikaler eine Synagoge angegriffen und elf Gläubige getötet. Der Präsident wies den Vorwurf, für solche Gewaltausbrüche mitverantwortlich zu sein, empört zurück. Er gab stattdessen den Demokraten und den Medien eine Mitschuld an zunehmenden gesellschaftlichen Spannungen.

Facebook sperrte vor der Wahl Dutzende verdächtige Konten, um einer möglichen Einmischung in die Abstimmung vorzubeugen. Die bisher entdeckten 30 Facebook- und 85 Instagram-Konten könnten ausländischen Betreibern gehören, schrieb Facebook am Montagabend (Ortszeit). Demnach hatten US-Sicherheitsbehörden am Sonntag das US-Unternehmen kontaktiert und auf verdächtiges Verhalten auf den Accounts aufmerksam gemacht. In den USA steht nach wie vor der Verdacht im Raum, Russland habe sich bei der Präsidentenwahl 2016 zugunsten von Trump eingemischt. Die Ermittlungen dauern an, um zu klären, ob Trumps Wahlkampfteam geheime Absprachen mit Russland traf.

(özi/dpa)
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